Juli 2020, Kolberg – (TL) Wenn der Mann wegen Mistwetter nicht segeln kann, öffnet er auf seinem Computer eine Liste, und die Frau wird dann immer ein wenig blass. „Reparaturarbeiten am Schiff“ heisst es da. Für heute steht „Gasherd, reinigen und Zünder“ auf dem Programm.
Dienstag, d. 07.07., Kolberg – Seit ein paar Tagen sind wir in Polen. Winnie gefällt es gut hier, denn er hat hier im Hafen Kollegen gesichtet. Es sind – trotz Corona – finnische, lettische und auch dänische Segler an den Stegen. Winnie schnuppert schon den Duft der großen weiten Blauwasser-Welt….
Vorerst allerdings müssen wir bleiben. Draußen bläst ein stürmischer Nordwest-Wind, und die See steht direkt in die Hafeneinfahrt hinein. Kolberg ist „dicht“, niemand kommt rein, niemand raus.
Der Mann und die Frau erkunden derweil die Stadt. Nicht nur Polen machen hier Urlaub. Es sind auch viele Deutsche hier. Es gibt tolle Strände, Hotels und Ferienhäuschen. Und alles kostet nur die Hälfte, sagt der Mann. Er geht deshalb mehrmals in einen Baumarkt, um Gasflaschen, Bretter, Farben, Schäkel, Bändsel und andere Ersatzteile zu kaufen.
Mittwoch, d. 08.07., Kolberg – Heute morgen hat ein polnischer Skipper die Ausfahrt gewagt. Seine Yacht, eine 12m-Bavaria, kämpfte sich gegen Starkwind und eine steile See hinaus auf die Ostsee. Der Mann und die Frau haben von der Mole zugeschaut. Wenn da nicht mindestens die Hälfte der Crew gekotzt hat, dann weiß ich´s nicht, sagt Winnie. Glücklicherweise sind unsere Skipper altersmilde. Solche Abenteuer lassen sie aus. Es gibt auch andere Herausforderungen!
Wenn der Mann wegen Mistwetter nicht segeln kann, öffnet er auf seinem Computer eine Liste, und die Frau wird dann immer ein wenig blass. „Reparaturarbeiten am Schiff“ heisst es da. Für heute steht „ – Gasherd reinigen und Zünder“ auf dem Programm. Schon seit einiger Zeit muss die Gasflamme mit einem Feuerzeug angezündet werden. Das ist blöd! Der Mann macht sich gleich vormittags ans Werk.
Binnen Minuten hat er die Kajüte, die die Frau vorher ordentlich aufgeräumt hatte, in ein veritables Chaos verwandelt. Überall liegt Werkzeug. Das Gas ist abgestellt, der Schlauch entfernt. Der Mann hat den Herd aus der Halterung gehoben und auf eine verdreckte alte Decke auf den Cockpit-Tisch gesetzt. In der Navi-Ecke liegen verschiedene Bedienungsanleitungen und alte Putzlappen aus der Backskiste. Außerdem liegt dort das iPhone, mit dem die verschiedenen Stadien der Dekonstruktion dokumentiert werden.
Der Mann schraubt alles ab. Mit einer alten Zahnbürste schrubbt er sich durch Ecken, Kanten und Düsen. Mit dem Staubsauger entfernt er Nudelreste, Reiskörner und Staub. Schließlich reinigt er alle Kontakte der Zünder-Box mit WD-40. Er ist guter Dinge. Nur noch die Batterien austauschen, dann ist alles wieder gut!
Die Ernüchterung folgt sofort. Der Zünder funktioniert nicht – obwohl alle Kontakte gereinigt und die Batterien erneuert sind. Und leider, leider, lässt sich jetzt der rechte Brennerdeckel nicht mehr festschrauben, weil irgendwo was abgebrochen ist.
Es kommt noch schlimmer. Der gesäuberte, aber nicht reparierte Gasherd lässt sich zwar wieder in die Halterung heben, aber nicht mehr anschließen! Der Spalt zwischen Gasherd und Wand ist wegen des sehr kurzen Schlauches so eng, dass weder die Skipperhände noch das nötige Werkzeug dazwischen passen…
Auch die Frau, die kleinere Hände hat, schafft es nicht, den Gasschlauch wieder am Gasherd zu befestigen. Die Stimmung ist absolut im Keller!
Gegen 14 Uhr macht sich die Frau auf den Weg, um irgendwo im Hafen einen Klempner aufzutreiben, der vielleicht einen längeren Schlauch hat ….. oder besseres Werkzeug … oder einfach geschickter ist….
Es gelingt ihr nicht. Überall hört man ihr zu, schenkt ihr ein paar mitleidige Blicke. Ein Klempner sei derzeit nicht verfügbar.
Die Frau geht traurig wieder zurück an Bord. Als sie die Kajüte wieder betritt, strahlt der Mann bis über beide Ohren. In der Zwischenzeit hat er es doch noch geschafft, den Schlauch anzuschließen. Der Herd ist betriebsbereit – nur, dass der Zünder immer noch nicht geht und außerdem die rechte Brennerkammer locker ist.
„Immerhin. Sauber und kaputt ist besser als dreckig und kaputt“, maunzt Winnie. „Es hätte schlimmer enden können.“ Das finden der Mann und die Frau auch. Sie fühlen sich, als hätten sie gerade eine schwere Prüfung erfolgreich gemeistert.
Fröhlich kochen sie sich ein leckeres Risotto und leeren dazu zwei Dosen polnisches Bier. Zum Nachtisch gibt es, wie jeden Abend, den Wetterbericht.
Morgen haben wir moderate südwestliche Winde. Die Ausfahrt ist wieder passierbar.
Donnerstag, d. 09.07, Balka Strand – Heute morgen ganz früh mit den ersten Sonnenstrahlen abgelegt und in Rauschefahrt Kurs Nordnordwest auf Bornholm gesaust. Segeln können die beiden, das muss man ihnen lassen! Schon um 14 Uhr fällt mein Anker im Osten der Insel vor dem Strand von Balka in den Sandgrund. Ein Paradies – auch für mich und Winnie!
Jetzt erstmal ´nen Kaffee trinken.
Während der Mann den Ankerball setzt und die Ankerkralle anbringt, schmeisst die Frau den Herd an, um Kaffeewasser zu kochen. Doch was ist das? Da knackt doch plötzlich wieder …. der Zünder?! Kaum zu glauben. Die Flamme brennt – auch ohne Feuerzeug.
Wunder gibt es immer wieder!
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