September 2018, Portugal – (BW) Wieder eine ekelhafte Nacht gehabt. Von den Bergen sausten die Fallwinde herab. TinLizzy lag zwar in der Bucht von Arrabida sicher am Anker, aber es schaukelte fürchterlich und irgendwo klapperte es immer. Wir wachen morgens müde und zerschlagen auf. Als wir im kristallklaren Wasser der Bucht ein Morgenbad nehmen wollen, kommt der nächste Schock. Wir haben eine Wassertemperatur von 15 Grad! :::
Freitag, d. 21. September 2018, Faro, Portugal – Heute nach Faro geschippert, denn Sohn Felix kommt dort mit dem Flieger aus Hamburg an. Gemeinsam mit ihm wollen wir TinLizzy nach Norden bis ins spanische Galizien segeln.
Wir ankern mit TinLizzy quasi direkt neben dem Rollfeld. Der Anker ist kaum in den Grund gefallen, da sehen wir die Ryan Air Maschine schon landen. Jetzt aber hurtig! Schnell machen wir uns mit dem Dinghi auf den Weg zur Stadt. Wir haben verabredet, dass Felix sich am Flughafen ein Taxi nimmt und damit zur „Eme-Lounge“ kommt. Dort wollen wir ihn treffen und dann samt Gepäck mit dem Dinghi an Bord bringen.
Hätte auch prima geklappt, wenn nicht die Taxifahrer streiken würden. Uups! In ganz Faro ist kein Taxi zu bekommen. Wir schließen uns per Handy kurz. Die Busse sind überfüllt, und Felix will sich deshalb zu Fuss auf den Weg machen. Sind ja nur etwa sechs Kilometer, sagt Google Maps. Felix schickt uns seine Route, aber die Capitana macht sich Sorgen. Sechs Kilometer, bei 30 Grad, in der gleißenden Sonne, mit einem schweren Rucksack…
Sie erzählt der Bedienung in der „Eme-Lounge“ von unserem Problem, und die junge Frau weiss sofort, was zu tun ist. „Just install the UBER app!“, rät sie uns. „You´ll find a driver immediately!“. Und tatsächlich. Jochen installiert die UBER App, gibt seine Daten ein und legt los. Nach fünf Minuten steht ein UBER-Taxi vor dem Café. Wir fahren Felix entgegen und gabeln ihn auf halber Strecke auf. Er sieht tatsächlich etwas mitgenommen aus, denn die Hitze ist nicht ohne!
Jetzt geht es mit dem Dinghi zurück an Bord. Das Wasser der Lagune ist – je näher man sich an der Stadt befindet – wirklich arg verschmutzt. Nicht nur, dass offen-riech-lich immer noch ungefilterte Abwässer in der Lagune landen, auch Unmengen von Plastikabfällen treiben im Tidenstrom vorbei. Nichts wie weg hier..…
Um 18 Uhr fällt unser Anker wieder vor der Ilha Deserta an der Einfahrt der Lagune in den Sandgrund. Hier ist das Wasser klar. Wir gehen schwimmen, kochen, köpfen ein Flasche Wein und quatschen unter einem fantastischen Sternenhimmel bis spät in die Nacht.
Samstag, d. 22. September, Portimao – Es ist Wochenende, und die Ankerbucht vor der Ilha Deserta füllt sich mit Ausflugsbooten und Tagestouristen. Vormittags genießen auch wir das sommerliche Treiben, doch um 14 Uhr heißt es: Anker auf. Es ist Stillwasser, und wir kommen trotz Springtide jetzt kommod aus der Lagune heraus. Wir wollen nach Portimao. Felix hat sich dort mit einem ehemaligen Schulfreund zum Surfen verabredet.
Unter Motor laufen wir 30 Seemeilen westwärts, und schon um 20 Uhr fahren wir – wieder bei Stillwasser – in die Ankerbucht bei Portimao ein. Leider ist es ein wenig laut – und sehr voll. In Portimao findet derzeit ein großes Techno-Festival statt. Wir sehen einen Ankerplatz in größtmöglicher Enfernung vom Radau direkt vorm Strand auf der gegenüberliegenden Seite – und wenig später fällt der Haken in den Grund. Wir haben etwa 5 Meter Wassertiefe, und es ist Hochwasser. Bei Niedrigwasser werden es nur noch 2,50 Meter sein. Was für ein Glück, dass wir einen Hubkiel haben!
Dienstag, d. 25. September, Portimao – Felix war bis gestern bei seinem Freund Ariel, der seit einigen Jahren als Surflehrer und Rettungsschwimmer in Portugal arbeitet. Unser Sohn ist sichtlich erschöpft. Das Surfen – oder auch das Feiern 😉 – scheint anstrengend gewesen zu sein. Dennoch wollen wir uns heute auf den Weg nach Norden machen.
Wir gehen morgens auf einen letzten Tee an Bord der „Anna Asnide“. Stefan und Stefanie haben ihr Schiff, das der TinLizzy erstaunlich ähnlich sieht , in dieser Saison aus der Nordsee bis nach Portugal gesegelt. Was wir beim Tee erfahren Stefan hat in seinem metallverarbeitenden Unternehmen im sauerländischen Eslohe die Klampen für unsere TinLizzy gefertigt. Die Welt ist klein!
Gegen 12 Uhr werfen wir die Leinen los und machen uns auf den Weg zum Startpunkt für den Trip nach Norden. Bei mäßigen östlichen Winden laufen wir mit Groß und ausgebaumter Genua zum südwestlichsten Zipfel Portugals und gehen vorm Praia Belixe neben der „Boa Vida“ aus Gibraltar vor Anker, um dort die Nacht zu verbringen. Leider steht eine unangenehme Windsee in die Bucht, und auch die Brandung ist nicht ohne. Obwohl am Strand ein nettes Restaurant lockt, bleiben wir weise an Bord und kochen selbst.
Die Crew der „Boa Vida“, ein Mann und eine Frau, entscheidet sich anders – und hat des abends ihre liebe Mühe, trocken wieder an Bord zu kommen. Sie schaffen es kaum, in der Welle ihren Außenborder wieder aufs Schiff zu kriegen. Felix und Jochen rudern hinüber und helfen.
Mittwoch, d. 26. September 2018, Sines — Das war eine echte Sch….-Nacht! Es hat mächtig aufgebrist, und zwar eher als erwartet. Wir haben kaum ein Auge zugemacht, denn TinLizzy schaukelte in der Dünung so wild hin und her, dass in den Schränken das Geschirr klapperte. Jochen stand mehrmals auf, um nach dem Rechten zu sehen und Geschirrtücher zwischen die scheppernden Tassen zu stopfen. Jetzt, morgens, haben wir einen Ostwind der Stärke 5, und der soll uns im Lee der portugiesischen Küste flott nach Norden bis zum nächsten Etappenziel zur Hafenstadt Sines bringen. Es ist ein langes Seestück von ca. 60 Seemeilen zu bewältigen. Wenn wir nur nicht so müde wären….
Wir stehen – gähnend – um 7 Uhr auf, obwohl es noch dunkel ist. Bereits um 8 Uhr lichten wir im ersten Büchsenlicht den Anker. TinLizzy saust mit bis zu 12 Knoten in Richtung Norden – aber ein Segeln für Einsteiger ist das nicht. Wir sind auf einem Halbwind-Kurs, es bläst jetzt mit 7 Beaufort, und weil sich bei dieser Sause schon wenige Kilometer vor der Küste eine beachtliche Welle aufbaut, wird es im Cockpit immer wieder nass. Sehr ungemütlich! Dichter an die Küste wollen wir aber nicht, denn wir wissen: Bald schon wird der Wind auf Nord bzw. Nordwest drehen, und wenn wir Sines segelnd erreichen wollen, dann müssen wir ein wenig vorhalten. Wir binden ein weiteres Reff ins Groß und setzen die Kutterfock. Danach erste Anzeichen von Seekrankheit bei Felix. Der Skipper schickt ihn nach unten in die Kajüte. Er darf sich ausschlafen..…
Um 18 Uhr fällt der Anker in der Bucht von Sines direkt neben der Marina. Felix ist wieder fit. Wir brutzeln uns ein leckeres Essen und fallen todmüde in die Kojen.
Donnerstag, d. 27. September 2018, Baia Arrabida – Rasmus scheint ein schlechtes Gewissen zu haben. Als Ausgleich für das gestrige Salzwasser-Segeln schickt er uns heute mäßige Winde, wieder aus Nordwest. Wieder machen wir uns morgens um 8 Uhr auf die Socken, Kurs Nord.
Wegen der gestrigen Ostwind-Lage haben wir kaum Welle, und wir sausen hoch am Wind in Richtung Lissabon. Diesmal ist es, obwohl wir einen knalligen Amwind-Kurs mit 35° am scheinbaren Wind laufen, echtes Genießersegeln. Wir pumpen alles Wasser aus den Trimmtanks nach Backbord und setzen alles, was wir haben: Groß, Genua und Kutter. TinLizzy gleitet in strahlendem Sonnenschein mit 5-6 Knoten gemächlich nach Norden.
Gegen 17 Uhr fällt nach 30 Seemeilen der Anker. Wir liegen in der Enseada Arrabida – laut Revierführer ist es die schönste Bucht Portugals. Der Ausblick ist tatsächlich berauschend: Tolle Sandstrände, eine alte Burg, im Hintergrund eine sanfte, grüne Hügellandschaft. Die Anfahrt war allerdings nicht ohne. Wir umschiffen zahlreiche Flachs, und die tatsächlichen Gegebenheiten stimmen nicht unbedingt mit der Karte überein. Hier sollte man nur bei Hochwasser einlaufen. Egal, jetzt ist es geschafft. Wir machen unser Dinghi klar und gehen an Land essen.
Freitag, d. 28 September 2018, Baia Arrabida – Wieder eine ekelhafte Nacht gehabt. Von den Bergen sausten die Fallwinde herab. Zwar lag TinLizzy sicher am Anker, aber immer klapperte es irgendwo. Wir wachen morgens müde auf, und als wir im kristallklaren Wasser der Bucht ein Morgenbad nehmen wollen, kommt der nächste Schock. Wir haben eine Wassertemperatur von 15 Grad! Brrr. Jochen und Felix baden trotzdem, die Capitana kneift. Erst jetzt beginnen wir zu begreifen, was es heißt, wieder nach Norden zu segeln….
Dennoch genießen wir die Idylle in der Enseada Arrabida und verlassen sie nur kurz, um in der nächsten größeren Stadt – Setubal – einkaufen zu gehen und Vorräte zu beschaffen.
Samstag, d. 29. September 2018, Oeiras, Lissabon – Heute morgen wieder um 7 Uhr aufgestanden und um 8 Uhr gestartet. Urlaub geht anders, deshalb lassen wir Felix schlafen und lichten den Anker allein. Für 4 Stunden laufen wir unter Motor an der Küste entlang Richtung Norden. Erst um 12 Uhr setzt ein leichter Westwind ein, der uns suutsche in die Mündung des Tejo hineinführt. Bereits um 14 Uhr machen wir in der Marina von Oieras fest. Hier bekommt Felix sein Frühstück: Burger mit Pommes.
Leider ist hier heute viel Lärm, denn nebenan im großen Schwimmbad steigt eine Techno-Party. Fast wie in Portimao! Die Portugiesen scheinen darauf zu stehen. Die Bässe wummern, dass es nur so drönt – und ab und zu sehen wir auf den Sprungtürmen ein paar „Chicas“ tanzen.
Dienstag, d. 2.Oktober 2018, Oeiras, Lissabon – Unser Aufenthalt hier in Lissabon wird nur ein kurzer sein. Die Marina ist toll, und wir genießen es, dass wir jeden Morgen frische Brötchen ans Schiff geliefert bekommen. Auch die Stadt ist sehr schön, und man kommt mit der S-Bahn blitzschnell hin. Doch leider müssen wir weiter. Der Herbst kommt, wer weiß, wie lang der Nordatlantik noch ruhig bleibt. Wenn erst die ersten Herbststürme durchziehen, sind die Wellen oft tagelang mehrere Meter hoch, das wissen wir noch von der Hinreise….
Gegen Mittag verlassen wir das schöne Oeiras, um uns in Cascais direkt in der Mündung des Tejo vor Anker zu legen. Gleich in der Frühe am nächsten Morgen geht es weiter nordwärts. Die Wettervorhersage ist gut und verspricht leichte bis mäßige Ostwinde, später norddrehend.
Mittwoch, d. 3. Oktober 2018, Sao Martinho do Porto – Der Skipper ist glücklich. TinLizzy schippert mit 5-6 Knoten gemütlich weiter Richtung Norden, und das Wetter ist so ruhig, dass wir ein kleines Abenteuer wagen können. Wir werden des Nachts in der Bucht von Sao Martinho do Porto vor Anker gehen, die wegen einer relativ flachen Einfahrt nur bei wenig Welle und Hochwasser befahren werden kann, da sonst Grundseen drohen. Aber alles passt! Gegen 18 Uhr liegen wir in der kleinen Bucht vor Anker, und schon um 19 Uhr machen wir uns mit dem Dinghi auf den Weg zu einem Ausflug ins „Dorf“.
Sao Martinho do Porto ist tatsächlich idyllisch. Die Häuser und die Seepromenade wirken fast mediteran, denn weil in dieser Bucht wegen der engen Felseinfahrt niemals eine wirklich schwere Brandung entsteht, finden sich überall dicht am Ufer kleine Geschäfte und Restaurants. Wir gehen – auf besondern Wunsch von Sohn Felix – Döner essen. Lecker!
Donnerstag, d. 4. Oktober, Sao Martinho do Porto – Leider kommen aus Deutschland schlechte Nachrichten. Felix´ Hündin Cuna hat sich mit einer Katze angelegt und dabei eine fette Risswunde am Oberkopf abbekommen. Außerdem humpelt sie ganz fürchterlich. Herrchen macht sich Sorgen – und will nach Hause! Er wird uns deshalb früher als geplant verlassen und schon in Porto von Bord gehen, um zurück nach Hamburg zu fliegen. Wir beschließen, eine Nachtfahrt einzulegen.
Weil kein Wind weht, müssen wir den ganzen Weg nach Porto unter Motor laufen. Mit jeder Meile nordwärts wird es kühler, und gegen Abend wird auch die Sicht ausgesprochen schlecht. Unser Radar läuft ständig mit – auch weil wir hoffen, dass einige der zahlreichen Fischereibaken mit einem Radarreflektor versehen sind. Wäre doch zu blöd, wenn wir auf die letzten Meter noch irgendwelche Netze in die Schraube bekämen….
Freitag, d. 5. Oktober, Porto – Schon gegen 6 Uhr sind wir kurz vor Porto, aber es ist noch zu dunkel, um in die Mündung des Douro einzulaufen. Auch diese Einfahrt ist nicht ohne, und obwohl es keinerlei Welle gibt, wollen wir auf das Tageslicht warten. Gegen 8 Uhr geht die Sonne auf, und wir laufen – dem Sonnenaufgang entgegen – in die Flussmündung ein. Das ist wunder-, wunderschön.
In der Marina bekommen wir einen netten Liegeplatz mit Blick auf den Fluss, und auch hier wird es morgens wieder eine Brötchenlieferung an Bord geben. Toller Service!
Samstag, d. 6. Oktober, Porto – Es heißt Abschied nehmen. Felix hat heute einen günstigen Flug nach Hamburg bekommen, und schon abends wird er wieder am heimischen Küchentisch sitzen. Noch einen letzten Spaziergang an die Mündung des Douro – und dann ….
War wieder schön mit Dir, Felix! Wir freuen uns schon auf den nächsten Törn. Vielleicht die Biscaya?? Bis nach Galizien wird sich TinLizzy jedenfalls erstmal wieder mit einer Zweier-Crew zufrieden geben müssen. Schon am Dienstag soll es weitergehen, dann passt der Wind!
– *Vorherigen Törnbericht lesen* – Nächsten Törnbericht lesen –
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