April 2018, Lanzarote – Lanzarotes Berge sind nicht ohne. Die Nacht ist fürchterlich, denn durch die Taleinschnitte zwischen den Hügeln von Quemada pfeift der Wind in Sturmstärke, und wir ankern mit TinLizzy genau in einer Düse. Immer, wenn eine Böe heruntersaust, fängt TinLizzy an der Ankerkette regelrecht an zu „zittern“. Mit den Vibrationen entsteht ein Pfeifton, der mir Angst und Schrecken einjagt ::::
Freitag, d. 20.04.2018, Gran Tarajal, Fuerteventura – Heute noch einen letzten Ausflug gemacht an den Playa Cofete im äußersten Süden der Insel. Die Strände dort sind wahrlich fantastisch, und man könnte hier auf Fuerte sicher noch viele Wochen verbringen, ohne sich zu langweilen. Morgen aber soll es weitergehen. Angesagt sind westliche Winde – ideal, um an der Ostküste Fuerteventuras im Lee der Insel ohne nennenswerte Welle in Richtung Norden nach Lanzarote zu segeln. Im Gepäck werden wir diesmal nicht nur Proviant für ein paar hoffentlich lauschige Tage am Anker haben, sondern auch: eine Angel !!
Bisher haben wir die Fischlein auf See in Ruhe gelassen. Jetzt aber ist es soweit – dank Holger und Carmen von der SY Aplysia, die in Gran Tarajal neben uns festgemacht haben. Holger zog in den vergangenen Tagen einen Fisch nach dem anderen aus dem Teich – und abends waberte dann der Duft von gebratenen Meerestieren zu uns herüber. Seitdem ist auch Jochen mit dem Jagdfieber infiziert. Nach einem Nachmittag zum „Anlernen“, an dem er unter Holgers fachkundiger Leitung und mit dessen Zweitangel prompt eine Dorade fing, nennt mein Mann jetzt ebenfalls eine Angel sein eigen.
Samstag, d. 21.04.2018, Pozo Negro, Fuerteventura -Heute morgen sehr viel später als geplant aufgebrochen. Die Nacht war unruhig, denn es stand ein eigenartiger Schwell in den Hafen, und unser Steg sowie die Festmacher knarzten die ganze Zeit im Dreivierteltakt. Als unser Wecker um sieben Uhr klingelte, waren wir beide hundemüde und haben uns noch einmal umgedreht. Damit war klar, dass wir nicht mehr bis Lanzarote kommen. Unser Ziel ist jetzt Pozo Negro, eine Ankerbucht südlich von Caleta de Fuste, immer noch Fuerteventura.
Wir verabschieden uns von Holger und Carmen von der SY Aplysia, und gegen 11 Uhr fahren wir los. Der Törn ist ereignislos, aber anstrengend, denn wegen zahlreicher Düseneffekte, die den Wind zwischen den Bergen Fuerteventuras stark beschleunigen, reffen wir mehrmals ein- und aus. Gegen 15 Uhr fällt der Anker in der Bucht von Pozo Negro. In dem kleinen Ort gibt es fast nichts – nur ein paar derzeit unbewohnte kleine Häuser, eine Art Jugendherberge und zwei kleine Kneipen direkt am Strand. Aber wir wollen ja nicht essen GEHEN, wir wollen essen FANGEN! Jochen wirft die Angel aus und gibt sein Bestes. Die Fische in der Bucht von Pozo Negro sind aber offensichtlich misstrauisch. Sie beissen nicht. Ich backe uns sicherheitshalber erstmal ein paar leckere Pfannekuchen. Die richtige Entscheidung, wie sich herausstellt!
Sonntag, d. 22.04.2018, Pozo Negro, Fuerteventura – Unsere Ankerbucht am „schwarzen Brunnen“ (Pozo Negro) hat sich als gut geschützt erwiesen, und wir haben nachts tief und fest geschlafen. Wir ziehen trotzdem gleich nach dem Frühstück weiter, denn das Wetter soll schlechter werden. Der Törn von Pozo Negro nach Lanzarote ist wie erwartet vom Feinsten. Wir halten diesmal etwas mehr Abstand von der Küste. Ein mäßiger bis starker Wind aus WNW treibt TinLizzy – wieder zumeist ohne Welle – zu Höchstleistungen an, und nach 6-stündiger Amwind-Sause und knapp 40 Seemeilen in schönstem Sonnenschein fällt gegen 16 Uhr vorm Playa Quemada (dem „verbrannten Strand“) an Lanzarotes Ostküste der Anker. Auch hier sind wir allein in der Bucht. Der Abend im Cockpit ist lau, klar und sternenreich, zum Angeln aber ist Jochen heute zu müde. Die Fischlein dürfen sich freuen!
Montag, d. 23.04.2018, Playa Quemada – Wieder kein Angeltag. Wir sind zwar ausgeschlafen, aber durch den Barranco fegt ein starker Wind eine Regenwolke nach der anderen in die Bucht. Es ist kalt (21 C), und um uns herum ist alles grau in grau. TinLizzy schwojt in den Böen hin und her, und immer wieder treibt es die Regenschwaden ins Cockpit. Wir können den Salon kaum verlassen, geschweige denn das Schiff. Ans Ufer kämen wir nicht, ohne total nass zu werden..
Mir allerdings macht das nichts! Als ehemaliger Marketingfrau ist mir immer noch die Fähigkeit zum Rosa-Zeichnen gegeben. Regenwetter? Wie gut für Lanzarotes Pflanzen. Ist die Bucht nicht schon ein wenig grüner geworden?! Kritische Menschen werden darin einen Hang zur Schönfärberei erkennen – und sie haben Recht.
Ist das wieder eines deiner Werbefotos?, fragt Jochen dann, wenn ich meine Kamera und das Objektiv so gedreht habe , dass auf dem Bild statt eines mittelmäßigen Panoramas mit hässlichem Container- und Müllplatz nur noch die (romantische) rechte Seite der Ankerbucht zu sehen ist. Das ist durchaus üblich so! Kürzlich erreichte uns per Whatsapp ein Foto von Segelfreunden; das Schiff einsam vor Anker liegend, in türkisblauem Meer, Idylle pur. Wir, ein klein wenig neidisch, schauten sofort im elektronischen Schiffsfinder im Internet. Wo sind sie?? Sie waren in einer Bucht auf Antigua – allerdings zusammen mit mindestens 30 anderen Schiffen. Die geschickte Wahl des Blickwinkels ist Alles!
Heute allerdings hilft das nichts. Es regnet, regnet und regnet, wohin wir auch schauen, und wir nutzen die Zeit zum Lesen, Schreiben und Aufräumen. Außerdem produzieren wir aus Fischresten und dem letzten Pfannkuchenteig „Spezialköder“ zum Angeln. Vielleicht wird´s dann morgen was mit den Fischen..…
Gelegentlich schauen wir raus. Zum Meer hin lösen sich die Regenwolken auf, man kann manchmal ein wenig Blau erahnen, und es entstehen riesige Regenbögen.
Dienstag, d. 24.04.2018, Playa Quemada – Immer noch Mistwetter mit Schauern. Zwar gehen wir morgens unverdrossen schwimmen, und auch zu einem Landausflug raffen wir uns auf. Weil wir befürchten, mit dem Dinghi in der Brandung zu kentern und damit den Motor zu ruinieren, haut Jochen in die Riemen und rudert. Gar nicht so leicht, zwei Personen gegen Böen von 6 Beaufort an den Strand zu bringen, aber er schafft es und wir kommen trocken an Land. Die Wolken am Himmel werden allerdings immer dunkler. Uns schwant schon, dass das mit dem Angeln wieder nichts wird. Deshalb essen wir unsere Fischration im Strandrestaurant.
Als wir zurückrudern, brist es weiter auf. Wir überlegen, ob wir nach Arrecife oder nach Puerto Calero in den Hafen fahren sollen – aber wir haben bei diesem Wind auch keine Lust auf ein Anlegemanöver in engen Boxengassen. Wir werden deshalb eine weitere Nacht am Anker verbringen. Auch zwei weitere Boote treffen dieselbe Entscheidung und gehen trotz (bzw. wegen) des Mistwetters lieber vorm Playa Quemada vor Anker.
Mittwoch, d. 25.4.2018, Arrecife – Heute zeigte sich wieder einmal, dass die Winde auf den Kanaren unberechenbar sind. Die Nacht ist fürchterlich. Durch die Taleinschnitte in den Hügeln von Quemada pfeift der Wind in Sturmstärke, und leider liegen wir mit TinLizzy genau in einer Düse, die den Wind noch einmal beschleunigt. Immer, wenn eine Böe heruntersaust, fängt TinLizzy an der Ankerkette regelrecht an zu „zittern“. Mit den Vibrationen entsteht ein Pfeifton, der mir Angst und Schrecken einjagt, und in den Schränken scheppert dazu das Geschirr. Es rappelt in der Kiste! Doch TinLizzy schlägt sich wacker, und glücklicherweise hält auch unser Anker. Wir machen allerdings kein Auge zu und gehen Ankerwache, bis der Wind gegen Morgen etwas abflaut. Auch bei unseren Nachbarn ist Stress an Bord. Die beiden Boote kommen sich bedenklich nahe, und bei einem der beiden rauscht plötzlich mit lautem Geknatter das Großsegel aus. Sie haben ordentlich zu ackern, um es wieder einzufangen….
Jetzt haben wir vorerst genug von der Ankerei! Gleich morgens gehen wir Ankerauf und segeln mit viel Wind und wenig Welle nach Arrecife in die Marina Lanzarote. TinLizzy saust Richtung Nordost und entschädigt uns mit einer wunderbaren 12-sm-Rauschefahrt für die schlaflose Nacht. Jochens Augen leuchten.
Schon um 11 Uhr ist alles wieder vorbei. Wir sind im Hafen. Angeln wird Jochen hier allerdings nicht können, das ist in der Marina Lanzarote ausdrücklich verboten. Unsere Pfannkuchen-Fischköder werden wir stattdessen an die Möven verfüttern – und die Erfolgsmeldung nebst Fotos vom ersten selbst gefangenen Fisch ist auf später verschoben.
Jetzt erstmal ausschlafen!
– Vorherigen Törnbericht lesen – Nächsten Törnbericht lesen –
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