Juni 2016, Madeira, Nordatlantik: Sun Seeker – das steht auf dem Rumpf des Schiffes neben uns. Der Besitzer muss sich mit den metereologischen Begebenheiten der Insel besser auskennen als wir, denn uns verfolgen, wohin wir auch kommen, die Wolken. Wir sind eindeutig: Wolkenfinder. ::::::
Donnerstag, d.16.6. Juni, Funchal – Seit über einer Woche liegen wir jetzt mit TinLizzy hier in Funchal, und uns ist bisher immer noch nicht langweilig geworden. Die Insel Madeira hat unglaublich viel zu bieten, um man könnte wohl mehrere Monate hier verbringen, ohne sich als Tourist zu „wiederholen“. Für Wanderer und Naturliebhaber ist die Insel ein Paradies, und auch wir als Segler kommen auf unsere Kosten. Erfreulicherweise ist trotz beginnender Hochsaison in den (wenigen) Marinas immer Platz.
Das liegt wohl darin, dass die allermeisten Atlantik-Segler Madeira lediglich als Durchgangsstation auf der Reise zu den Kanaren oder den Kapverden verstehen. Ein Fehler, wie wir meinen, …. von dem wir aber gerne profitieren!
Noch vor wenigen Jahren waren wir selbst so drauf: Aus dem Beruf ausgestiegen, aber noch im Leistungsprinzip verfangen. Auch wir wollten möglichst schnell (!) möglichst weit (!) weg. Und wenn uns nicht in La Coruna eine schwere Virusinfektion wochen- und monatelang außer Gefecht gesetzt hätte, dann wären auch wir „durchgerast“.
Wir aber hatten Glück mit unserem Pech – so sehe ich es heute. Wir haben uns im darauffolgenden Jahr viel Zeit für die europäischen Küsten genommen. Das war gut so, denn sowohl Nordspanien, Portugal und Andalusien sind wunderschön und für Segler ein kleines Paradies.
Heute abend kommt Sohn Felix mit seiner Freundin Lara für eine Woche zu uns. Wir freuen uns schon sehr.
Freitag, d. 17.6. Juni, Funchal/Calheta – Gestern abend Felix und Lara abgeholt. Leider kamen die beiden aus einem sommerlichen Hamburg in ein „verregnetes“ Funchal. Als wir an Bord gingen, fielen tatsächlich ein paar Regentropfen, und der Himmel war grau, grau, grau. Heute morgen aber strahlt die Sonne wieder.
Felix und Lara brechen zu einem kleinen Gang nach Funchal auf, während wir das Schiff klarmachen. Danach geht es nach Calheta, einem kleinen Hafen am westlichen Ende der Insel. Schon bald merkt Lara, dass es der Atlantik in sich hat! Wir haben kaum Wind und relativ viel Welle, und TinLizzy schaukelt in der See ordentlich hin und her. Wir machen uns Sorgen um sie – aber Lara hält sich prächtig, obwohl sie eine Erkältung ausbrütet. Sie traut sich sogar nach kurzer Zeit bereits ans Ruder !
In der Marina in Calheta angekommen merken wir, dass unser Stromkabel defekt ist. Kein Strom an Bord, das bedeutet: Kein warmes Wasser, kein Handy laden. Ein neuer Stecker müsste her… Hhmm. Da wollten wir eigentlich einen Ausflug machen, und jetzt müssen wir Stecker suchen und kaufen. Im Internet werden wir aber fündig, wo es einen geben könnte.
Zum Trost gehen wir abends ins Restaurant am Hafen essen. Schade nur: Lara kann nicht mitkommen. Sie laboriert an einer Erkältung und geht lieber ins Bett.
Samstag, d. 18.6. Juni, Calheta – Welch ein Glück – Lara ist wieder fit! Bei strahlendem Sonnenschein machen wir uns mit dem Mietwagen auf und fahren zurück nach Funchal. Dort (und nur dort) gibt es ein Geschäft, in dem wir angeblich unseren Stecker bekommen können. Hätte das kleine Mistding nicht schon ein paar Tage vorher kaputtgehen können?
Wir bekommen tatsächlich einen Stecker, nur leider passt er nicht 100% in unsere Lade-Steckdose.
Glücklicherweise haben wir mit Felix einen angehenden Ingenieur an Bord – und er behauptet, dass er das Ding null-komma-nichts passend machen könne. Na gut! Wir kaufen das Teil, und dann geht es ab auf die Inseltour!
Mit dem Mietwagen arbeiten wir uns durch schmale, steile und kurvige Strassen hinauf auf den höchsten Gipfel Madeiras, den Pico de Arieiro. Dort ist die Aussicht, das wissen wir schon von einem ersten Besuch, einfach umwerfend. Doch leider, leider ziehen diesmal Wolken auf. Wir fahren durch dichteste Nebel-Suppe, die sich auch oben auf dem Gipfel nicht auflöst. Es ist nichts, aber auch gar nichts zu sehen.
Den gleichen Effekt haben wir im madeirischen Hochland, in Paul do Serra. Dichte Wolken, wir mittendrin, zusammen mit ein paar glücklichen Rindviechern. Die Kühle laufen hier frei, kein Zaun oder Gatter hält sie auf, auf dem gesamten Hochland herum.
Touristen sind heute außer uns nicht da. Die anderen waren offensichtlich klüger als wir und haben vorher auf der Webcam nachgeschaut, wo die Wolken sind. Im „Tal der Nonnen“ haben wir allerdings Glück. Hier kommen die Wolken aus irgendeinem Glück nicht durch, und wir erleben ein paar fantastische Ausblicke und ein phänomenales Gebirgspanorama.
Zurück auf dem Boot reparieren Jochen und Felix unser Ladekabel. Wir haben wieder Strom an Bord!
Sonntag, d. 19.6., Calheta/Funchal – Funchal lässt uns nicht los. Eigentlich hatten wir uns morgen in Calheta mit dem Ziel „Baia Abra“ verabschiedet, doch schon bald müssen wir einsehen: Das wird nix! Kurz hinter Funchal geraten wir urplötzlich in eine sehr unangenehme See, denn es steht ein etwa 1,5 Knoten starker Tidenstrom, der mindestens 2 Stunden der Tide hinterherlaufen muss, gegen eine 1,5m Dünung. Wind ist wenig. Schon nach kurzer Zeit stampft TinLizzy nur noch in der Welle, und wir werden trotz mitlaufender Strömung immer langsamer. Wir drehen ab.
Kurze Zeit später sind wir wieder mal in Funchal. Diesmal liegen wir im Päckchen. Neben uns ein altes schwedisches Ehepaar, beide über siebzig. Die beiden sind mit ihrer Yacht „Mayflower II“ gerade über die Azoren aus Kuba gekommen. Sie sind immer noch ganz begeistert und erzählen uns von ihrem Törn.
Montag, d. 20.6. Funchal – Baia Abra – Um der unangenehmen Konstellation „Tide gegen Dünung“ diesmal zu entgehen, starten wir erst gegen Nachmittag. Bis dahin müsste sich der Flutstrom ausgepowert haben. Vorher kaufen Felix und Lara im Mercado Zutaten für eine leckere Bolognaise-Sauce, denn Felix will am Anker in der Baia Abra kochen. Wir hoffen auf eine klare Sternennacht, denn zumindest für Funchal ist klarer Himmel angesagt.
Der Törn in die Baia Abra ist ausgesprochen konstrastreich. Wir starten bei blauem Himmel und Sonnenschein ohne Wind und ohne Welle unter Motor, doch schon kurze Zeit später sind wir aus der Landabdeckung heraus. Den Tidenstrom haben wir ausgetrickst, aber ab Santa Cruz haben wir eine steife NO-Brise und müssen hoch am Wind gegen bis zu 6 Windstärken ansegeln. Das ist Power-Segeln. Wir machen mächtig Speed, denn TinLizzy läuft hoch am Wind super, und schon um 19 Uhr werfen wir in der Baia Abra den Anker.
Wieder haben wir die Bucht für uns allein! Wir kochen, schlemmen und sind ziemlich zufrieden. Mit dem Sterne gucken wird es aber nichts. Die Bucht ist wolkenverhangen.
Dienstag d. 21.6., Baia Abra/Quinta do Lorde – Mist! Wieder eine Panne. Nachdem die beiden Männer einen ausgiebigen Landausflug mit dem Dinghi gemacht haben, segeln wir los. Wir wollen ein wenig in Richtung der Ilhas Desertas, dorthin, wo wir letztes Mal die Delphine und die Wale gesehen haben. Diesmal aber ist von den Meeressäugern weit und breit nichts zu sehen. Irgendwann drehen wir um und kreuzen wieder auf in Richtung Land. Als wir irgendwo kurz vor der Marina in Quinta do Lorde den Motor anschmeissen wollen, merken wir: Da tut sich nichts. Nur ein knisterndes Zischen, wo eigentlich der Anlasser anspringen sollte…. Funkenflug, mein Felix. Irgendwo muss ein Kontakt locker sein.
In der immer noch unangenehmen Welle kriegen wir das nicht repariert. Der Anlasser sitzt tief unter dem Motor, und da kann man bei dem Geschaukel kaum drankommen.
Wir lassen uns in die Marina schleppen und gleich für den nächsten Morgen wird ein Mechaniker bestellt.
Mittwoch, den 22.6., Quinta do Lorde – Sun Seeker – das steht auf dem Rumpf des Schiffes neben uns. Der Besitzer muss sich mit den metereologischen Begebenheiten der Insel besser auskennen als wir, denn uns verfolgen, wohin wir auch kommen, die Wolken. Wir sind eindeutig Wolkenfinder, beschließen wir deshalb beim Frühstück im „Captain´s Deck“, denn wer Wolken finden will, muss sich über Wolken nicht ärgern….
Gerade als wir zurück an Bord sind, kommt der Mechaniker. Nur ein kleines, aber wichtiges Kontaktblech war gebrochen! Nach einer halben Stunde ist alles repariert, und der Motor schnurrt wieder. Der Skipper bleibt heute trotzdem an Bord, um noch einige Wartungsarbeiten vorzunehmen.
Felix, Lara und ich nehmen unseren Mietwagen und versuchen das zweite Mal unser Glück auf dem Pico de Abrieiro. Wir fahren zunächst an die Nordküste der Insel nach Porto da Cruz. Dort hängen die Wolken zentnerschwer, und als wir uns auf der kleinen Bergstrasse nach oben arbeiten, müssen wir durch dichte Nebelsuppe fahren. Wir werden etwas nervös. Wie würde es auf dem Berg sein? Ein Blick auf die Webcam zeigt: Oben ist Sonne.
Wir fahren und fahren, und schließlich ist es geschafft. Wir habe die Wolkendecke durchfahren und landen oben in einer Hochgebirgszone mit gelbblühendem Bergginster und Paradiesblumen. Wunder-, wunderschön!
Die Aussicht vom Pico de Abrieiro ist einfach fantastisch, und Felix kriegt glatt Lust, hier irgendwann noch einmal zum Wandern herzukommen. Dieser Ausflug hat sich gelohnt ….
Donnerstag, den 23.6., Quinta do Lorde/Calheta – Morgens um 4 Uhr müssen wir aufstehen, denn Felix und Laras Flieger geht um 6 Uhr. Wir bringen die beiden zum Flughafen, legen uns danach nochmal schlafen, und dann machen wir uns wieder auf den Weg nach Calheta.
Calheta wird unser Ausgangshafen für den Törn auf die Azoren sein. Dort können wir uns gut verproviantieren, denn direkt in der Nähe des Hafens ist ein gut sortierter Supermarkt. Von Calheta aus sind es 470 sm bis Santa Maria, der süd-östlichsten Azoreninsel, das müsste wieder in 3-4 Tagen zu schaffen sein.
Dort angekommen, freuen wir uns dann auf Tochter Hanna, die für 1-2 Wochen mit uns segeln wird!
– Vorherigen Törnbericht lesen – Nächsten Törnbericht lesen –
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