Juni 2020, Schlei – (BW) Das hier ist also unsere „Wassergewöhnung“ – und unser Bordkino. Wir schauen abwechselnd in unser Weinglas, auf badende Kühe, einen kleinen Sandstrand, eine winzige Steganlage und ein schnuckeliges Reetdach-Häuschen direkt hinter dem Ufersaum. Es ist wunderschön hier! Warum wollen wir eigentlich weg?!
Samstag, d. 06.06., Missunde – Wer hätte das gedacht! Wir stechen übermorgen – trotz Corona – mit dem Ziel „Ålands“ in See. Die Åland-Inseln sind ein riesiges Archipel in der Mitte der Ostsee, genau zwischen Schweden und Finland – und dennoch nicht viel mehr als ganz viel Natur und ein paar Schären in glasklarem Wasser. Es gibt dort nur eine einzige größere Stadt – Mariehamn – und die werden wir lediglich zum Einkaufen aufsuchen. Mit Maske, versteht sich.
Jochen hatte schon Sorgen, dass wir mit TinLizzy in diesem Jahr nur auf Schlei-Kreuzfahrt gehen können. Eigentlich wollten wir doch bis nach Estland!
Das ist vorerst gestrichen. Alle erreichbaren Etappen-Häfen in Dänemark, Mecklenburg-Vorpommern oder in Polen, Litauen und Lettland sind wegen „Corona“ dicht, lediglich die schwedischen Häfen sind offen. Aber wie dorthin kommen?
In dieser Woche aber haben sich die Dinge gedreht. Es fehlen wohl allerorten die Einnahmen aus dem Tourismus, und nach Schleswig-Holstein will jetzt auch Mecklenburg-Vorpommern wieder Geld verdienen. Touristen – eben noch ausgesperrt – dürfen wieder ins Land, und auch die Segler können wieder in die Häfen. Dänemark wird es wahrscheinlich Mitte des Monats nachmachen. Na also!
Gegen 10 Uhr bringt uns Jochens Cousine Petra mit ihrem Auto zu TinLizzy in Missunde. Wir laden sie zu einem Abschieds-Frühstück an Bord ein. Nachdem die letzten Lebensmittel verstaut sind, machen wir uns auf den Weg.
Um 15:00 Uhr legen wir ab. Weit wollen wir heute nicht segeln, unser Ziel ist das Noor von Gunneby. Unter Genua laufen wir die Schlei abwärts. Schon nach 3,5 Seemeilen werfen wir den Haken aus. Wir werden die erste Nacht an Bord in einer Ankerbucht verbringen – Romantik pur! So können wir uns ganz suutsche wieder an ein Leben im Schaukelgang gewöhnen.
Sicherheitshalber ziehe ich für uns beide jeweils eine zweite Decke in den Bettbezug ein, und ich lege für jeden von uns auch noch eine Wolldecke und ein paar Wollsocken parat. Es wird kalt werden!
Wir genießen den Abend am Anker dennoch. Weil wir wegen der geringen Wassertiefe den Kiel hochgeholt haben, schwojt TinLizzy im Wind ganz ordentlich hin und her. Das ist unsere „Wassergewöhnung“ – und unser Bordkino. Wir schauen abwechselnd in unser Weinglas, auf badende Kühe, einen kleinen Sandstrand, eine winzige Steganlage und ein schnuckeliges Reetdach-Häuschen direkt hinter dem Ufersaum. Es ist wunderschön hier! Warum wollen wir eigentlich weg?! Auch eine Schlei-Kreuzfahrt hat ihre Reize!
Sonntag, d. 07.06., Kappeln – Die Nacht war ruhig, und wir haben selig geschlummert. Als wir nach einem Morgenbad in der Schlei und einem ausgiebigen Frühstück unseren Anker lichten, ist es schon 12 Uhr. Das ist viel zu spät, denn jetzt werden wir Schwierigkeiten haben, einen Platz im Kappelner Stadthafen zu ergattern. Dort aber müssen wir morgen unseren Segelmacher wegen einer neuen Baum-Persenning treffen. Auch der Monteur von Kiesow Bootsmotoren will noch einmal an Bord kommen, um eine Heizspirale für unser Warmwassergerät auszuwechseln.
Vorm Gunnebyer Noor fädeln wir uns in eine lange, lange Flotte von Freizeit-Yachten ein, die in Richtung Kappeln unterwegs sind. Wir passieren die Brücke von Lindaunis in einem Pulk von etwa 15 anderen Schiffen. Mist!
Gegen 13:30 Uhr plingt plötzlich mein Handy. Whatsapp-Nachricht von Familie Lange. Britta und Jürgen Lange, alte Freunde aus Hamburg, sind gerade bei Freunden in Kopperby – und die wiederum laden uns ein, für einen Kaffee und eine Portion Erdbeeren bei ihnen am Steg vorm Haus festzumachen. Da sagen wir nicht nein! So kommen wir zwar noch später in Kappeln an, aber das ist sogar ganz gut, denn zumindest die Sonntagsausflügler haben dann wahrscheinlich schon wieder abgelegt.
18 Uhr: Glück gehabt. Wir finden in Kappeln problemlos eine Box, machen unser Boot klar und gehen in der „Meerestochter“ direkt an der Wasserkante zum Abendessen. Es ist nur sehr wenig Betrieb, und das ist ungewöhnlich für diese Jahreszeit. „Corona“ hat den Leuten aber offensichtlich die Lust auf das Schlemmen ausgetrieben. Wir lassen es uns trotzdem schmecken.
Montag, d. 8.06., Kappeln – Die neue Baum-Persenning ist montiert, die Heizspirale ausgewechselt. Ich wiederum habe uns derweil in Kappeln noch ein paar Küchenutensilien besorgt. Unser alter Käsehobel, der Salzstreuer und die Küchenschere sind über den Winter auf mysteriöse Weise verschwunden, und auch der Handfeger muss ersetzt werden.
Als ich, zurück an Bord, alles einsortiere, bemerke ich ein lautes, dringliches Piepen. Was ist das? Jochen klärt mich auf: es ist ein Möwenjunges. Im Innenteil des Pollers, an dem wir mit unserer Backbord-Leine festgemacht haben, nisten Möwen. Ein kleines Möwenkind ruft nach seinen Eltern, weil es Hunger hat. Da! Da kommt sie schon, die Mama. Sie bringt ein paar Würmer – und bald ist Ruhe. Ein tolles Schauspiel, das sich mehrmals wiederholt – und an dem ich mich nicht sattsehen kann.
Gegen 16 Uhr machen wir uns dennoch auf den Weg. Wir verlegen uns an einen Ankerplatz kurz vor Maasholm. Wir sehen den kleinen Fischerort und -Hafen mit seinen zahlreichen Traditionsseglern und Yachten. Noch weiter im Osten können wir schon Schleimünde und das alte Lotsenhaus im Vogelschutzgebiet Oehe sehen. Dort wird unsere kleine Schleikreuzfahrt zum Ostsee-Törn werden.
Ein wenig müssen wir allerdings noch warten. Der Wind, der uns nach Osten bringen soll, weht erst ab heute Nacht!
– *Vorherigen Törnbericht lesen* – Nächsten Törnbericht lesen –
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