August 2016, Azoren – Die Hurricane-Saison ist eröffnet. Westlich der Kapverden ist Tropensturm Gaston dabei, sich – nach Nordwest ziehend – zu einem veritablen Hurricane zu entwicklen. Wohin er abbiegen wird, ist noch ungewiss. Vielleicht westwärts, vielleicht aber auch nordwärts. Dann würde er die Azoren streifen, hier nach Nordosten abbiegen und später in Nordeuropa als Sturmtief enden. Klingt irgendwie nicht gut ! :::::
Dienstag, d. 23.8., Horta, Faial – Wir sind immer noch in Horta auf Faial. Unseren Plan, mit TinLizzy noch zu den Azoreninseln Flores und Corvo zu segeln, haben wir aufgegeben. Die Inseln sind ungefähr 140 nm entfernt, und um kommod dorthin zu kommen, bräuchten wir östliche Winde.. Genau bei diesen Winden wird der Hafen in Flores allerdings als „kritisch“ beschrieben, und unser Revierführer warnt uns mit einer in ROT gedruckten Passage ausdrücklich davor, ihn bei Ost oder Nordostwind anzulaufen. Bei starkem Schwell gehe es dort zu wie in einer Waschmaschine, und es bestehe – insbesondere bei sommerlicher Überfüllung – Gefahr für das Schiff. Wir beschließen, uns stattdessen mit dem Flieger dorthin aufzumachen und uns für einige Nächte ein Hotelzimmer zu nehmen.
Jochen ist nicht wirklich glücklich darüber, hätte er doch gerne noch ein letztes Azoren-Segel-Abenteuer erlebt. Aber wer will schon gern sein Schiff gefährden…
Abends gehen wir mit Segelfreunden von der SY Milagro am Strand von Porto Pim essen. Die Mahlzeiten sind lecker, und wir sitzen lange und schnacken über dies und das. Neueste Segler-Info: Die Hurricane-Saison ist eröffnet. Westlich der Kapverden sei Tropensturm Gaston dabei, sich – nach Nordwest ziehend- – zu einem veritablen Hurricane zu entwicklen. Wohin er abbiegen werde, sei noch ungewiss. Vielleicht westwärts in Richtung Florida, vielleicht aber auch nordwärts. Dann würde er die Azoren streifen, hier nach Nordosten abbiegen und später in Nordeuropa als Sturmtief enden. Klingt irgendwie nicht gut.
Donnerstag, d. 25.8., Horta, Faial – Wir haben unseren Flieger gebucht. Zu Skippers Geburtstag am 28. August setzen wir uns in den Inselhopper und *fliegen* nach Flores. Für 4 Nächte werden wir also mal wieder in einem richtigen Bett schlafen. Nach 5 Monaten an Bord der TinLizzy ein echter Luxus! Wir freuen uns schon.
Vorerst aber helfen wir Juliette und Bernd von der SY Milagro dabei, ihre riesige Genua abzutakeln, zusammenzulegen und im Sack zu verstauen. Sie wird jetzt, da Wind und Welle zunehmen, durch einen höher geschnittenen Klüver ersetzt. Auch die Milagro bleibt aber noch ein Weile in Horta.
Wir erfahren, dass die Beiden – wie wir auch – Gaston fest im Blick haben. Wird Gaston Auswirkungen auf das Azoren-Wetter haben? Auf alle Fälle wird es, auch ohne Gaston, in den nächsten Tagen immer wieder regnen. Nachmittags holen unsere Kuchenbude raus und machen es uns unter unserem Cockpit-Zelt gemütlich.
Zum Zeitvertreib versuchen wir immer wieder, unseren vom Hafenliegen träge gewordenen Köpfen etwas Portugiesisch einzutrichtern. Wir sind schon ganz gut mittlerweile und haben im Restaurant oder im Supermarkt stets die eine oder andere Redewendung parat. Nur wehe, wehe, wenn uns jemand auf portugiesisch antwortet. Dann verstehen wir: Fast nichts, „quase nada“!
Freitag, d. 26.8., Horta, Faial – Gaston wird kommen! Die Wahrscheinlichkeit, dass Gaston nach Nordosten abbiegt und die westlichen Azoren-Inseln Flores und Corvo streift, steigt. Windstärken von 9-11 Bft und schwere Regenfälle könnten Ende der nächsten Woche dort auftreten, so behaupten es einhellig alle Wetterdienste.
Wie gut, dass wir da mit TinLizzy nicht im Hafen von in Flores liegen, sondern längst wieder in Horta sein werden. Hier auf Faial soll es maßvoller zugehen, „nur“ 8-9 Windstärken sollen es werden. Vielleicht wird Jochen sein Abenteuer also doch noch bekommen, wenn auch als Hafenlieger….
Wir beginnen schon mal damit, unser Dinghi einzupacken. Wir werden es in den nächsten Wochen kaum noch brauchen, und so kann es nicht wegfliegen.
Samstag, d. 27.8., Horta, Faial – Vormittags am Stadtstrand von Horta in Porto Pim gewesen. Ein paradiesisches Plätzchen: Wenig Welle, klares Wasser, feiner Sandstrand. Aber irgendwie wird uns auch das nach zwei Wochen langsam etwas langweilig.
Auf Tinlizzy ist nichts, aber auch gar nichts zu reparieren, und auch technische Verbesserungen fallen uns nicht mehr ein. Es wird Zeit, das wir weiterkommen …..
Sonntag, d. 28.8., Faja Grande, Flores – Wir sind auf Flores! Ein Inselhüpfer brachte uns morgens innerhalb von 30 Minuten hinüber – mit dem Segelschiff hätten wir mindestens einen Tag dafür gebraucht.
Die Inselwelt ist spektakulär. Flores ist ein verschlafenes, kleines Eiland, aber die Bergkulissen sind einfach umwerfend. Und überall Durchblick zum Atlantik!
Wir haben ein kleines Häuschen in Faja Grande, das ist der westlichste Punkt der Insel und: der westlichste Punkt Europas! Danach kommt nur noch Wasser, Wasser, Wasser … – erst ca. 1050 Meilen weiter westlich käme irgendwo Neufundland. Und das ist sogar näher als das europäische Festland! Es nicht nicht zu glauben, aber wir sind tatsächlich *mitten* im Atlantik!
Strände gibt es hier auf Flores nicht, dafür aber tolle Felsbadstellen. Nachmittags gehen wir zu eine dieser „piscinas naturales“ schwimmen. Abends gehen wir Essen. Wir finden ein kleines Restaurant direkt am Felsstrand, von dort können wir den Sonnenuntergang beobachten. Ein toller Abschluss für den Geburtstag des Skippers!
Spätabends allerdings trübt sich die gute Stimmung etwas ein. Der Wetterbericht verheisst nichts Gutes. Gaston kommt tatsächlich, und wie! Wie es jetzt aussieht, wird der Hurricane die Azoren voll erwischen, und am schlimmsten wird es auf Flores kommen. Windgeschwindigkeiten von bis zu 60 Knoten sind angesagt und Wellen bis 6 m Höhe! Auch in Horta könnte es tatsächlich sehr, sehr ungemütlich werden. Wir überlegen, am Donnerstag, wenn wir zurückkommen, gleich nach Südwesten abzulaufen, um uns von Gaston freizuhalten.
Tja. Ist nicht schön. Aber es sind noch 4 Tage bis dahin, und die Prognosen können sich noch ändern. Jetzt erkunden wir erst mal Flores!
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