Mai 2017, Gran Canaria, Kanaren – Gegen 10 Uhr nähern wir uns der Küste und können am Horizont deutlich die Hafenanlagen von Las Palmas erkennen. Lange Gesichter sowohl bei Jochen als auch bei mir. Das sieht ja potthässlich aus! Überall Kräne und Containerdocks! Überall dicke Pötte und Tanker auf Reede! Im Hintergrund Hochhäuser, Hochhäuser, Hochhäuser, und offensichtlich eine Autobahn direkt am Ufer!!! Das hatten wir so nicht in Erinnerung :::
Freitag, d. 12.5., Marina Rubicon, Lanzarote – Unser Aufenthalt in der Marina Rubicon wird nur ein kurzer sein. Der Hafen selbst ist durchaus attraktiv, denn er ist toll ausgestattet und man erreicht von hier aus in Tagestrips mehrere schöne Ankerplätze und andere Häfen. Nach ein paar Tagen vor Anker in der Bucht von Papagayo und vor der Isla de Lobos tat es auch gut, mal wieder in der Zivilisation zu sein.
Rubicon selbst ist aber eher ein Kunstgebilde. Es gibt viele, viele Badetouristen, und häufiger als spanisch hören wir: englisch, französisch und deutsch. Nach 3 Tagen im Luxus, mit Shoppingmeile, feinen Restaurants und Pool, geht uns Rubicon dann auch schon wieder auf die Nerven. Zu viel Kommerz können wir mittlerweile nur noch *kurzfristig* aushalten. Heute Abend werden wir weiterziehen.
Unser nächstes Ziel ist Las Palmas auf Gran Canaria, das etwa 90 nm entfernt in südwestlicher Richtung liegt. Wir werfen gegen Mittag die Leinen los und legen uns vor dem Hafenstrand vor Anker in Startposition. Gegen 18 Uhr geht es los, dann kommen wir irgendwann morgens an.
Alles läuft wie geplant. Zwar steht auf dem Atlantik immer noch ein unangenehmer Schwell aus Nordwest. Unser Wind allerdings ist optimal. Mit vier Beaufort aus Nordwest, später norddrehend, segeln wir Gran Canaria in südwestlicher Richtung entgegen.
Kleine Überraschung gegen 20 Uhr: Eine Gruppe von Grindwalen begleitet uns ein Stück. Jochen sieht zuerst nur den Blas. Dann hören wir sie. Dann sehen wir sie. Immer wieder ein tolles Erlebnis! Mein Mann ist hochzufrieden und steuert fröhlich in den Sonnenuntergang. Wir werden Vollmond haben.
Samstag, d. 13.5., Las Palmas, Gran Canaria – In der Nacht Wachwechsel. Als ich mich hinter das Ruder klemme, hat der Wind schon auf NNE gedreht. Wir segeln jetzt nicht mehr hoch am Wind, sondern auf einem gemütlichen Raumschotkurs. Gegen vier Uhr – es sind jetzt noch etwa 40 nm bis Las Palmas – kann ich schon den ersten Lichtschein von Gran Canaria am Horizont erkennen.
Bis auf ein paar Tanker, deren Kurs wir gelegentlich kreuzen, weil wir uns direkt vor der Einfahrt in ein Verkehrstrennungsgebiet befinden, ist hier nichts los. Wir sind die einzigen Segler weit und breit.
Gegen 10 Uhr nähern wir uns der Küste und können am Horizont deutlich die Hafenanlagen von Las Palmas erkennen. Lange Gesichter sowohl bei Jochen als auch bei mir. Das sieht ja potthässlich aus! Überall Kräne und Containerdocks. Überall dicke Pötte und Tanker auf Reede! Im Hintergrund Hochhäuser, Hochhäuser, Hochhäuser, und offensichtlich eine Autobahn direkt am Ufer! Das hatten wir so nicht in Erinnerung… Im Jahr 2012 starteten wir hier zu unserer Atlantiküberquerung im Rahmen der Atlantic Rallye for Cruisers, und vor lauter Vorfreude und Feierei hatten wir das wohl glatt übersehen! Selektive Wahrnehmung nennt sich sowas!
Mit gemischten Gefühlen machen wir gegen 11:40 Uhr am Welcome-Pontoon des Sportboothafens fest. Einerseits sind wir froh, dass wir da sind, andererseits – dieses Umfeld, puuh….
Kurze Zeit danach ist aber bereits Entwarnung. Wir bekommen einen Liegeplatz am äußeren Rand des Sportboothafens. Von der Stadt und der Autobahn bekommt man hier nichts mit. Zum Stadtstrand ist es ein Katzensprung. Die Stegnachbarn sind nett. An der Uferpromenade gibt es viele urige Restaurants und Bars, in denen sich Einheimische und Segler ein lustiges Stelldichein geben. Was will man mehr? Wir bleiben.
Sonntag, d. 14.5., Las Palmas, Gran Canaria – Wir wachen gegen 8 Uhr auf und dackeln müde zum Stadtstrand um die Ecke. Anscheinend nächtigen hier regelmäßig ein paar obdachlose Canarios. Wir sehen gerade noch, wie sie – freundlich grüßend – ihre Sachen zusammenpacken und mit Bündeln, Taschen oder Hackenporsche weiterziehen. Die Badebucht haben wir jetzt ganz für uns allein. Das Wasser ist erstaunlich klar und warm. Erst als wir gegen 9 Uhr unser Walking- und Schwimmpensum absolviert haben, kommen die ersten Badegäste. Wir holen uns derweil im Minimercado ein paar leckere Baguettes und gehen wieder an Bord zum Frühstück.
Gegen 12 Uhr brechen wir zu einer kleinen Stadtbesichtigung auf, und siehe da: das Bild hat sich total verändert. Der Strand – und auch die Bucht – ist von den Wochenendausflüglern in Beschlag genommen worden. Überall ankern Bötchen, es wird gepicknickt, es wird geangelt, es wird gebadet…. Wie nett ist das denn !? Ein kleines Wochenendparadies, direkt in der (Groß-)Stadt!!
Zu Fuss machen wir uns zum zweiten Las Palmerischen Stadtstrand auf. Er liegt, nur wenige Kilometer entfernt, an der westlichen Seite der Insel.
Hier ist Gran Canaria so, wie man es sich – vorurteilsbehaftet – vorstellt. Ein toller, langer, weißer Strand, von einer vorgelagerten Barre geschützt. Am Ufer eine kilometerlange Promenade mit Restaurants und Geschäften. Dahinter viele, viele Appartmentanlagen und Hotels, die ihre besten Zeiten eindeutig hinter sich haben. Dennoch: Die vorwiegend einheimischen Besucher sind ausnehmend gut gelaunt. In einer Cafeteria essen wir Bocadillos – die leckersten Brötchen, die wir seit langem gegessen haben.
Gut gestärkt ziehen wir weiter in die Las Palmerische Altstadt. Wir traben durch das Viertel Triana, in dem sich eine hübsche Jugendstil-Fassade an die andere reiht, bis nach Vegueta, den alten Ortskern. Hier atmet man Geschichte. Die alten Gassen sind wirklich schön!
Montag, den 15.5., Las Palmas, Gran Canaria – Wasch- und Basteltag. Wir haben Berge von Wäsche zu waschen, denn im Hafen von Rubicon war es nicht erwünscht, Wäsche an Deck zu trocknen, und den Wäschetrockner meiden wir normalerweise. Jetzt leisten unsere Bord-Waschmaschine und unsere ökologischen Waschnüsse aus dem heimischen Bioladen Schwerstarbeit. Auf Deck ist eine Rundum-Wäscheleine gespannt. In der kanarischen Sonne sind Bettwäsche, Handtücher, Hosen und T-Shirt ruck-zuck trocken.
Wir erkunden den Hafen. Die Marina von Las Palmas hat was! Das, was uns anfänglich störte, beginnt jetzt, uns zu gefallen. Dieser Ort ist echt. Hier gibt es jede Menge maritimes Leben – und (Seemanns-)Arbeit. Fähren fahren ein und aus. Lotsenbote bugsieren die dicken Pötte an die Kais. Container werden ab- und umgeladen.
In der Marina findet man vom amerikanischen Luxus-Katamaran bis zum rottigen Seelenverkäufer, von der Hochglanz-Yacht bis zur Rostschüssel alles, was man sich an schwimmenden Untersätzen vorstellen kann. An der Wasserkante flanieren kauzige Seebären, sportive Regatta-Cracks, windzerzauste Weltenbummler und solche, die es werden wollen, in freundlichem und mehrsprachigem Nebeneinander auf und ab. Und: über allem liegt jener Hauch von Fernweh, den ich auch aus Hamburg kenne, und der mich, noch mit festem Wohnsitz im grünen Hamburg-Volksdorf, immer wieder an die Landungsbrücken trieb. Ja! Es ist tatsächlich so! Weil es hier *nicht* schön ist, weil es hier laut ist und bunt, deshalb fühlt es sich an wie Heimat!
Abends laden wir unsere Stegnachbarn Thomas und Christie von der Tuuli auf einen Drink an Bord der TinLizzy ein. Die beiden haben ein echtes Abenteuer hinter sich. Als „Binnensegler“ machten sie sich im letzten September mit ihrem 9m-Schiff zu ihrem allerersten Seetörn auf und reisten in Etappen von Holland aus bis nach Frankreich, Portugal, Afrika und schließlich bis auf die kanarischen Inseln. Hut ab!!
Dienstag, den 16.5., Roque de Nubles, Gran Canaria – Wir haben uns einen Mietwagen besorgt und wollen ein wenig die Insel erkunden. Nach einem ausgiebigem Bad am Stadtstrand und einem guten Frühstück nehmen wir per Auto Kurs auf den „Jardin Botanico“, der nur wenige Kilometer südwestlich von Las Palmas liegt.
Wir betreten den Park am oberen Eingang und arbeiten uns auf gepflasterten, aber dennoch abenteuerlichen Pfaden abwärts durch die Themengärten in das Tal des Gartens vor. Überall haben wir eine fantastische Aussicht auf die gegenüberliegenden Berge und das Bergdorf Tejeda.
Es grünt und blüht überall. Als wir unseren Rundgang nach ca. 1 1/2 Stunden beendet haben und wieder oben ankommen, sind wir erschöpft, aber zufrieden. Gran Canaria hat viele Gesichter, und dieses hier konnte sich sehen lassen!
Am späten Nachmittag fahren wir weiter zum Roque de Nublo. Der Monolith – in grauer Vorzeit ist er wohl einmal ein heiliger Berg der kanarischen Ureinwohner gewesen – gilt als das Wahrzeichen der Insel. Jochen hat im Wanderführer einen „leichten“ Wanderweg ausgemacht, der uns direkt dorthin führen soll.
Wir gehen gegen 17 Uhr auf die Piste und laufen auf einem steinigen Pfad zunächst um den Roque de Nublo herum. Der Weg führt uns durch duftende, schattige Kiefernwälder, bevor er auf der Westseite des „Roque“ in einer Hochgebirgslandschaft mit Sträuchern und Krüppelkiefern mündet. Ein fantastisches Panorama tut sich auf! Wir genießen die beeindruckende kanarische Gebirgskulisse sowie den Ausblick zum Teide auf Teneriffa – und sind: begeistert. Uns fehlen die Worte…
Gegen 20 Uhr erreichen wir wieder unseren Startpunkt und fahren mit einem südlichen Schlenker zurück nach Las Palmas auf die TinLizzy. Der Rückweg ist öde. Der Weg führt durch einen trockenen Barranco zur Küste, wir passieren ein hässliches Industriegebiet mit großem Windpark und brauchen auf der Autobahn eine zusätzliche halbe Stunde, bis wir wieder am Hafen sind.
Dann allerdings ändert sich das Bild wieder. Las Palmas´ „Puerto de la Luz“ liegt – es ist mittlerweile halb zehn – in allerschönster Nachtbeleuchtung vor uns. Die Stadt funkelt in allen Farben. Lichter, Lichter überall…
An „Nachtleben“ ist allerdings nicht mehr zu denken. Wir sind rechtschaffend müde – und freuen uns dennoch jetzt schon auf den nächsten Ausflug! Morgen allerdings müssen wir erstmal einkaufen fahren. Alle unsere Vorräte an Bord müssen aufgestockt werden.
– Vorherigen Törnbericht lesen – Nächsten Törnbericht lesen –
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