August 2019, Nordsee – (BW) Hier, in der Marina von Cuxhaven, lagen wir schon vor 5 Jahren, bevor wir auf große Fahrt gingen und nach Frankreich, Portugal, Spanien, auf die Kanaren und zu den Azoren segelten. Wir trinken unser zweites Bier und lassen die letzten fünf Jahre gedanklich noch einmal Revue passieren. Wie schnell die Zeit verging! ::::
Sonntag, den 11.08., Den Oever, Nederlande – Bevor wir mit TinLizzy wieder heimkehren, wollten wir uns noch ein besonders Highlight der Nordsee-Segelei gönnen. Schon seit Anfang des Monats sind wir als Binnenschiffer unterwegs! Wir lernen endlich einmal die „Staande Mast Route“ kennen, von der wir schon viel gehört und gelesen haben …
Was das ist? Vom (flämischen) Vlissingen in der Scheldemündung bis zum (friesischen) Delfzil in der Ems-Mündung kommt man mit dem Boot über Kanäle – also innen herum – ohne sich auch nur einmal hinaus auf das offene Meer zu wagen. Den Mast müssen wir Segler dabei nicht legen, denn es gibt überall Zug- oder Drehbrücken.
Bis in die Nähe von Rotterdam sind wir dann auch tatsächlich auf der „Staande Mastroute“ geschippert. Bereits nach wenigen Tagen Kanalfahrerei waren wir allerdings regelrecht erschöpft! Der Weg führte uns durch wunderschöne Marschlandschaften und idyllische Städtchen – aber stressfrei ist diese Route keinesfalls: Es sind eben zahlreiche Brücken und Schleusen zu passieren, und überall ist es sehr eng – und sehr voll. Das ist nichts für uns, da sind uns Sturm und Wellen lieber!
Wir haben unser Intermezzo ins Binnenland also kurz vor Rotterdam unterbrochen und sind wieder hinaus auf die Nordsee. Die Strecke Rotterdam—Amsterdam—Texel—Ijselmeer segelten wir – quasi zur Erholung – mit Starkwind aus Südwest auf der Meerseite. Ein toller Ritt, ganz nach unserem Geschmack!
Nach einer mehrtägigen „Erholungspause“ in Den Oever sind wir jetzt aber wieder bereit für ein wenig Slow Sailing. Wir werden ein zweites Mal in die Staande Mast Route einbiegen. Ab Stavoren, Ijselmeer, geht es auf Binnenschiffahrtsstraßen und Seen quer durch das Land bis nach Lauwersoog. Dort wiederum fahren wir endgültig wieder hinaus aufs Meer, um nach Borkum, Norderney und Cuxhaven zu segeln.
Montag, den 12.08., Starteiland, Sneeker Meer – Heute morgen in Den Oever abgelegt, das Ijselmeer gequert und in Stavoren in den Johan-Friso-Kanal eingefahren, der uns weit in das Inland bis zum Sneeker Meer führt.
Dort geraten wir mitten in eine Plattbodenschiff-Regatta. Wir staunen, was man auf einem so kleinen Flachwasser-Tümpel wie dem Sneeker Meer so alles veranstalten kann! Überall, aber auch überall wimmelt es von Schiffen, so dass wir – die wir noch an die Einsamkeit und die Wassertiefen des Atlantiks gewöhnt sind – mehrfach schwer in Schweiß ausbrechen und ordentlich ans Fluchen kommen!
Schon am Ausgang des Sneeker Meeres aber ist alles wieder ruhig, und nur wenige Kilometer weiter gibt es im Naturschutzgebiet des „Starteilands“ mehrere gute Anlegestellen. Wir machen an einem alten Holzsteg fest. Das ist Idylle pur – wir sind die einzigen Anleger weit uns breit. Erst spät am Abend macht noch ein Plattbodenschiff neben uns fest.
Dienstag, den 13.08., Wijns, Friesland – Der Tag beginnt mit echtem Mistwetter. Seit wir heute Morgen abgelegt haben, sind wir mehrfach in Starkregen geraten. Wie gut, dass wir heute nicht auf der Nordsee segeln. Gegen Mittag zieht eine Gewitterfront mit stürmischen Winden durch. Wir machen kurzerhand an einer der zahlreichen Anlegestellen fest und „wettern ab“, während wir uns für ein kleines Nickerchen in die Kojen legen. Schon um 15 Uhr ist der Spuk vorbei, und wir ziehen weiter.
Immer wieder sind wir überrascht, wie reibungslos der Schiffsverkehr funktioniert, obwohl auch viele dicke Pötte auf den Kanälen unterwegs sind. Teilweise ist es wirklich richtig eng, und zwar ganz besonders in den Städten, z.B. in Leeuwarden. Vor den Brücken bilden sich regelrechte Trauben von Schiffen, die alle auf Durchfahrt warten und deshalb permanent manövrieren müssen. Besonders stressig wird es, wenn der Gegenverkehr sich seinen Weg durch das Gewusel bahnt! Doch alle nehmen dies mit viel Gelassenheit. Stress haben anscheinend nur wir!
Auch hat uns sehr beeindruckt, wie gelassen die Niederländer hier mit dem Thema „Natur“ umgehen: In den Naturschutzgebieten der Schelde oder in Friesland fanden wir überall Anlegestellen, Mooringfelder und Picknick-Areale. Man darf fast überall hin – und wir konnten nicht erkennen, dass dies der Natur schaden würde. Im Gegenteil: Fast scheint es, als erkenne man den Wert der Natur und des Naturschutzes gerade dann, wenn man sie besuchen darf!
Abends legen wir an einem kleinen Steg in der Nähe von Leeuwarden im Dörfchen Wijns an. Alles sehr idyllisch. Ohne es zu planen, haben wir einen Volltreffer gelandet. In fussläufiger Entfernung gibt es ein Restaurant mit sehr guter Küche, die wir ausgiebig genießen!
Mittwoch, den 14.08., Dokkum, Nederlande – Eigentlich wollten wir heute noch weiter bis nach Lauwersoog, um dort durch die Schleuse in den Nordseehafen zu gehen. Es zieht uns mächtig heimwärts! Dann aber kamen wir nach Dokkum – und waren von dem kleinen, schnuckeligen Friesenstädtchen so begeistert, dass wir einen ungeplanten Extra-Stopp eingelegt haben.
Dokkum ist voller Kanäle und alter Kaufmanns- und Handelshäuser. Wir liegen an einem Anleger zwischen zwei Windmühlen – in direkter Nähe zur Innenstadt und den Einkaufsmöglichkeiten. Hier könnten wir es länger aushalten, wenn wir nicht nach Hause wollten …
Freitag, den 16.08., Borkum, Deutschland – Heute morgen um 10 Uhr nach fünfstündiger Tiden-Rutsche mit Geschwindigkeiten von mehr als 10 Knoten über Grund im Schutzhafen Burkana von Borkum festgemacht.
Schon um 5:30 Uhr hatten wir in Lauwersoog abgelegt, haben uns – noch gegen die Tide – hoch am Wind durch die Seehundbänke gekämpft, um dann – mit der Tide – auf Raumschotkurs nach Borkum zu sausen. Als wir im Hafen ankommen, ist der: LEER.
Die „Westfahrer“ sind schon weg, die anderen „Ostfahrer“ noch nicht angekommen. Wir waren schneller. Erst abends füllt sich der Hafen. Jetzt kommen die „späten Ostfahrer“. Sie sind erst mit der zweiten Tide aufgebrochen und kommen jetzt in der Dunkelheit an. Sie haben Mühe, einen Liegeplatz zu bekommen und müssen irgendwo längsseits gehen. Es stimmt also: Der frühe Vogel fängt den Wurm ….
Sonntag, den 18.08., Norderney, Deutschland – Ein paar Inseln weitergezogen. Borkum war zwar ganz nett, aber im Vergleich zu den niederländischen Friesen-Schönheiten erscheint uns die Insel nicht als besonders attraktiv. Der Schutzhafen Burkana ist es schon gar nicht. Der Abschied ist uns nicht schwer gefallen.
Wir laufen morgens um 6 Uhr aus Borkum aus und machen schon um 12 Uhr in der Marina Norderney fest. Die Marina ist riesig, und wir finden sofort einen Liegeplatz.
Montag, d. 19.08., Norderney – Auch Norderney ist eher von sprödem Charm und verglichen mit den holländischen Inseln eher unscheinbar. Dennoch leihen wir uns ein paar Fahrräder und erkunden das Eiland.
Offensichtlich lebt die Insel vor allem vom Kurbetrieb. Norderney-Stadt – und dort insbesondere die Wasserkante – wird architektonisch von modernen Kurhotels, Reha-Kliniken und flankierenden Shopping-Zonen dominiert, während sich in den Randlagen jede Mengen kleine Pensionen („Haus Erika“) finden, in denen wahrscheinlich die Ehepartner der Kurgäste Unterkunft suchen. Nichts für uns!
Die Ostseite der Insel hat uns besser gefallen. Hier wird die Bebauung immer lichter, und es gibt vor allem: Dünen, Dünen Dünen. Sollten wir jemals auf Norderney Urlaub machen, wir täten es fernab von Norderney-Stadt!
Dienstag, den 20.08, Cuxhaven – Jetzt sind wir fast wieder zu Hause: Heute nach anstrengenden 70 sm in Cuxhaven angekommen! Wie sich die Elbmündung hinzieht! Glücklicherweise haben wir aber bis zum Schluss die Tide mit uns. Das ist hier immer wieder ein kleines Wunder! Um 18 Uhr machen wir in der Marina fest – und wieder ist Fortuna mit uns: TinLizzy erwischt die letzte freie Box! Wir haben kaum festgemacht, da fängt es an zu regnen.
Wir haben einen Mordshunger, doch leider sind im Restaurant am Hafen alle Plätze im Salon besetzt. Wir speisen deshalb auf der Terasse – ganz zünftig im Regen, in Segelkluft, aber unter einem Vordach. Von dort haben wir aber einen wunderbaren Blick auf den Hafen und unsere TinLizzy. Ein bisschen Wasser macht uns nichts aus, wir sind schließlich Segler.
Wie wir so sitzen, werden wir ein wenig wehmütig. Hier, in der Marina von Cuxhaven, lagen wir schon vor 5 Jahren, bevor wir auf große Fahrt gingen und nach Frankreich, Portugal, Spanien, die Kanaren und die Azoren segelten. Wie schnell die Zeit verging!
Wir trinken unser zweites Bier und lassen die letzten fünf Jahre gedanklich noch einmal Revue passieren. War sehr schön da draußen in der weiten Welt, wir haben sooo viel gesehen und erlebt, und soo viele nette Menschen kennengelernt …
Jetzt aber sind wir wieder daheim, und es fühlt sich gut an.
Wir freuen uns schon darauf, alle wiederzusehen!
TinLizzy wird noch ein wenig auf der Elbe schippern, und dann geht es weiter „innen herum“ – in die Ostsee und die Schlei. „Kiel Canal“, wir kommen!
– *Vorherigen Törnbericht lesen* – Nächsten Törnbericht lesen –
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