April 2017, La Graciosa, Kanaren – 270 sm, zwei Tage, hoch am Wind. Wir sind von der Überfahrt müde, müde, müde – aber auch hungrig! Als der Anker gefallen ist, bereiten wir uns als erstes ein Schlemmerfrühstück zu. Kaffee, Orangensaft, Omelett und Toastbrot. Der Ausblick von unserer „Terasse“ auf den Strand von La Francesa zeigt uns: La Graciosa ist eine Landerkundung wert! Doch jetzt wird erstmal geschlafen ::::
Samstag, d. 15. April, Puerto de Tazacorte, La Palma – Es sieht so aus, als ob die Wetterfrösche Recht behalten. Für die nächsten Tage ist ein konstanter, leichter Nordwind angesagt, der uns – zwar hoch am Wind, aber dennoch kommod – nach Osten bringen soll. Unser Ziel ist es, möglichst früh im Jahr und in einem Rutsch Richtung Lanzarote zu kommen. Warum? Im Sommer weht der Wind in dieser Region vorwiegend aus Nordost, es kachelt häufig mit 5-6 Beaufort, und zwischen den Inseln geht es in den Acceleration-Zones dann richtig zur Sache. Da möchte man nicht gegenan.
Außerdem: Im Spätsommer kommen regelmäßig hunderte von ARC- oder „Odyssey“-Seglern im Nordosten der Kanaren an. Dann sind Häfen und Ankerbuchten mit Regattaschiffen rappelvoll…. Da wollen wir lieber vorweg sein. Unser Plan ist also, vor dem großen Ansturm auf Lanzarote anzukommen, um uns dann – den Rudelseglern voraus ziehend – auf einem angenehmeren Vormwindkurs wieder in Richtung Westen treiben zu lassen.
Wir gehen noch einmal ordentlich einkaufen und bunkern, was das Zeug hält.
Sonntag, d. 16. April, Puerto de Tazacorte, La Palma – Jochen macht sich gleich frühmorgens auf den Weg zu einem vorerst letzten Landausflug. Er will den Steilhang von Tazacorte erklimmen, um von oben ein paar Fotos zu schießen. Wir treffen uns später am Strand zu einem La-Palma-Abschiedsbad, dann geht es wieder zurück an Bord zum „Osterfrühstück“. Es gibt gekochte Frühstückseier, allerdings unverziert.
Zuhause haben sie die Eier bemalt, aber wegen des schlechten Wetters auf das „Eiersuchen“ im Garten verzichtet. Wir sitzen in der Sonne und trösten telefonisch: Der Sommer wird auch in Deutschland irgendwann ankommen!
Montag, d. 17. April, Puerto de Tazacorte – Leinen los! Um 11:30 Uhr legen wir ab. TinLizzy läuft unter Motor und gegen den Wind Richtung Norden. Wir werfen einen letzten Blick auf Tazacorte und genießen von See aus die Aussicht auf die Hauptattraktion der Insel, die „Caldera de Taburiente“. Der Riesenkrater, an dessen eingestürzter Westflanke Puerto des Tazacorte liegt, ist wirklich gewaltig!
Schließlich umrunden wir die nordwestliche Spitze der Insel. Bei Puntagorda staunen wir noch einmal Bauklötze. Hier, an einem Steilhang, der seinesgleichen sucht, sehen wir eine kleine Siedlung direkt in den Klippen. Mann-o-mann. Bei Nordwest-Sturm möchten wir hier nicht sein!
Am frühen Nachmittag ist der Nordwesten La-Palmas gerundet. Die gefürchtete „Acceleration“, also die Beschleunigung des Windes wegen der steilen Küsten, hielt sich diesmal in Grenzen.
Gegen 15 Uhr gehen wir auf Kurs Ost und setzen die Segel.
Erfreulich: Unser neues Crewmitglied, eine Windpilot-Selbststeueranlage („Winnie the Pilot“), arbeitet einwandfrei. Er hält uns hoch am Wind sicher auf Kurs. Wir haben anscheinend alle Teile richtig zusammengebaut!
Was uns sehr erstaunt: TinLizzy hat den Atlantik für sich allein. Gegen Abend kommt uns lediglich eine Delfinschule besuchen. Das war´s.
Dienstag d. 18. April, Nordatlantik -TinLizzy läuft und läuft, sie scheint Amwind-Kurse zu lieben. Bei der Crew allerdings macht sich bemerkbar, dass sie die Welle noch nicht gewöhnt ist. Keks-Diät mit Bananen ist angesagt. Lediglich „Winnie the Pilot“ ist von der Atlantikdünung unbeeindruckt und erledigt tapfer und ohne Ruhepause seinen Dienst. Welch ein Glück!
Die Nacht ist kühl und feucht. Sowohl die Capitana als auch der Capitan sind gegen Morgen echt geschafft – und trotz dicker Klamotten irgendwie durchgefroren. Dabei zeigt das Thermometer 24° Celsius. Ist das Seekrankheit ?? Dagegen hilft bei der Capitana immer: Essen, essen, essen ;-). Ich mache uns, obwohl es auf dem Atlantik zunehmend hügelig wird, ein Müslifrühstück. Das bekommt uns, und tatsächlich: schon kurz darauf geht es uns besser.
Dennoch ist wegen der Schaukelei nicht daran zu denken, zu lesen oder irgendetwas anderes zu tun. Gegen Mittag ist uns fürchterlich langweilig, und das ist doof. Wer Langeweile hat, denkt zu viel darüber nach, ob er seekrank sein könnte – und wird es dann! Was machen wir nur dagegen? Wir schauen uns nochmal um – auf dem Atlantik ist außer uns weit und breit niemand zu sehen – und lassen uns dann unter Deck zu einer kleinen Kinovorstellung auf dem Laptop nieder. Direkt mittschiffs auf der Bank über dem Motor sitzen wir sehr ruhig und die Wellen stören wenig. Wir schauen „Tschick“, lachen viel, und es geht uns: gut!. Ab und zu geht einer von uns raus und hält Rundumschau. Nix zu sehen. Winnie hat Ruderwache, und steuert uns in Sausefahrt weiter Richtung Osten, La Graciosa ist das Ziel.
Mittwoch d. 19. April, Nordatlantik – Wir sind fast da! Nur noch 50 Seemeilen bis La Graciosa. Gegen ein Uhr morgens allerdings, die Capitana hat gerade Ruderwache, lässt der Wind nach und kommt östlicher. Hhm, das ist schlecht, denn wir sind schon so hoch am Wind, wie eben geht. Da landen wir doch noch versehentlich in Fuerteventura! Ich weiss zwar, dass Jochen aufwachen wird, wenn ich die Genua wegreffe und den Motor starte, aber es muss sein ….
Wie erwartet kommt der Capitano keine zehn Sekunden, nachdem die Maschine läuft, an Deck gekrabbelt. Aber auch er – der die Motorfahrt hasst wie nichts sonst – kommt zum gleichen Schluss: Wir wollen ankommen, und zwar in La Graciosa, und zwar bald!
Wir bergen die Genua, jetzt darf sich Winnie the Pilot endlich ausruhen. Der elektronische Autopilot übernimmt und steuert uns als Motorsegler weiter Richtung Ost.
Gegen 11 Uhr fällt der Anker vor La Graciosa am Strand von „La Francesa“. Außer uns ankern dort nur drei weitere Schiffe, und das Panorama ist eindrücklich. Toller Strand, im Hintergrund Wüstenlandschaft, und gegenüber die felsige Steilküste von Lanzarote in Sichtweite. Ein „total geiler Spot“ meint der Capitano. Er muss wirklich beeindruckt sein, denn Formulierungen dieser Art vermeidet er normalerweise….
Wir sind von der Überfahrt zwar müde – aber auch hungrig! Als der Anker gefallen ist, bereiten wir uns deshalb als erstes ein Schlemmerfrühstück zu. Kaffee, Orangensaft, Omelett und Toastbrot. Whow, schmeckt das gut! Der Ausblick von unserer „Terasse“ auf den Strand von La Francesa zeigt uns außerdem: La Graciosa ist eine Landerkundung wert! Doch jetzt wird erstmal geschlafen.
Das haben wir uns nach 270 sm und 46 Stunden in anstrengender Fahrt am Wind redlich verdient!
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