September 2016, Nordatlantik – Leck gefunden! Von unserer Reparaturaktion am Kühlkreislauf sind wir kräftig ins Schwitzen gekommen, denn unter Deck hatten wir die ganze Zeit 30 Grad Celsius. Zeit für einen kleinen Badestop im „Big Blue“: Rund um uns herum ist nichts als Blau, Blau, Blau, und laut Seekarte haben wir eine Wassertiefe von 4.500m. Ganz schön unheimlich ! :::::
Freitag, d. 9.9., Santa Maria – Das war ein kurzer Inselstop auf Santa Maria! Unser Genießer-Wetterfenster für die Überfahrt nach Madeira ist da! Vor uns liegen, das sagen einhellig alle Wetterdienste, 500 nm bei leichten bis mäßigen Winden aus West bis Nordwest. Die eigentliche seglerische und navigatorische Herausforderung wird darin bestehen, nicht direkt in den Hochdruckkern zu geraten. Dort nämlich ist wenig bis gar kein Wind, und wir müssten die ganze Zeit motoren.
Unsere Vorräte haben wir schon gestern aufgestockt, vorgekocht ist auch. Um 11:00 werfen wir die Leinen los. Bei einem letzten Stop an der Tanke füllen wir sicherheitshalber noch einmal unsere Dieseltanks. Nun kann nichts mehr schiefgehen!
Wir setzen zunächst Groß und Genua, wenig später ersetzen wir die Genua durch den Gennacker. Mit gemütlichen 5-6 Knoten gleitet TinLizzy durch eine fast spiegelglatte See. Ach, wie kann das Segeln schön sein ….
Diesmal ist die „Capitana“ glücklich, und auch der „Capitano“ kann dieser Idylle durchaus etwas abgewinnen. Rund um uns herum ist nichts als Blau, und wir haben das laue Lüftchen und den großen Ozean ganz für uns allein. Wir lesen, spielen Karten, hören Musik, lernen Portugiesisch, essen, schlafen, ….
Am frühen Abend überlegen wir, ob wir den Genacker für die Nacht einholen oder aber stehen lassen sollen. Der Wind weht konstant und lau, und laut Wetterbericht, den wir über SSB und Airmail einholen, soll das auch so bleiben. Mit Genua, gibt mein Mann zu bedenken, wären wir bestimmt einen Knoten langsamer. Andererseits: Wenn wir den Gennacker irgendwann doch einholen müssen, dann muss das wahrscheinlich sofort und ohne Rücksicht auf Wachzeiten und Wachwechsel sein, erwidere ich. Entspannter wäre also: Einholen mit Beginn der ersten Nachtwache …
Rasmus nimmt uns die Entscheidung ab. Nach einem kleinen Windshift, den wir nicht bemerkt haben, fällt der Gennacker ein. Als er sich wieder mit Wind füllt, macht es: Schnack! Mit lautem Knattern flattert unser Gennacker umher, nur noch an Kopf und Hals gehalten. Die Gennacker-Schot hat sich gelöst ….
Wir gehen vor den Wind und holen das Ding runter. Nun kommt wieder die Genua zum Einsatz. Jochen baumt sie aus und wir laufen jetzt als „Schmetterling“ platt vorm Wind, die Genua auf der einen, das Großsegel auf der anderen Seite. Immer noch 5 Knoten, na also!
Gegen Mitternacht schläft der Wind ein. Die Segel flappen dauern hin und her, das ist nicht gut fürs Tuch. Mit dem Wachwechsel heisst es: runter damit und Motor an!
Samstag, d. 10.9., Nordatlantik – Als ich mir nach (wegen des Motorlärms) schlafloser Ruhepause zu Beginn meiner nächsten Wache um 3 Uhr nachts einen kleinen Muntermacher aus unserem „Getränkekeller“ holen will, entdecke ich: wir haben etwas Wasser in der Bilge, und es ist Salzwasser. Was ist das denn?
Das ist zumindest mal ein kräftiger Adrenalinstoß!! Eine Cola brauche ich jetzt nicht mehr. Ich bin hellwach und alarmiere meinen Mann, der immer noch am Ruder steht.
Wir checken alles durch und kommen zu dem Ergebnis: Das Wasser kann nur aus dem äußeren Kühlkreislauf des Motors kommen. Die Kühlung allerdings funktioniert, der Motor läuft – und wir beschließen, die Sache im Auge zu behalten und ansonsten auf den Morgen und die Helligkeit zu warten.
Morgens machen wir uns auf die Suche nach einem Leck im Kühlkreislauf. Wir haben nach ca. 6-stündiger Motorfahrt etwa. 5l Salzwasser in der Bilge – das sind ungefähr 15 ml pro Minute. Ein Rinnsal zwar, aber es müsste zu finden sein.
Wir entfernen die Motorverkleidung, gehen auf die Suche, und finden: NICHTS. Wir stoppen den Motor, setzen die Genua, und ziehen dennoch vorsichtig alle erreichbaren Schellen des Kühlkreislaufs vorsichtig etwas fester. Dabei bemerken wir: Direkt hinter dem Impeller, der das Kühlwasser wie ein kleines Wasserrad durch den Kreislauf pumpt, ist es etwas feucht, und man kann ein paar Salzkristalle erkennen. Jochen zieht auch hier die Schraube etwas fester. Leck gefunden und gestopft? ….
Von unserer Reparaturaktion am Kühlkreislauf sind wir allerdings kräftig ins Schwitzen gekommen, denn unter Deck hatten wir die ganze Zeit 30 Grad Celsius. Zeit für einen kleinen Badestop im „Big Blue“: Wir holen die Genua ein, lassen TinLizzy ein wenig dümpeln und befestigen eine Sicherheitsleine mit Fender an der Heckklampe. Rund um uns herum ist nichts als Blau, Blau, Blau, und laut Seekarte haben wir eine Wassertiefe von 4.500m.
Das Wasser ist kristallklar, und man kann in eine schier unendliche Tiefe schauen. Ganz schön unheimlich, aber trotzdem erfrischend, meint mein Mann. Ich ziehe eine Süßwasserdusche vor ….
Am frühen Nachmittag können wir wieder Groß und Gennacker setzen. Wir schippern weiter mit 5-6 Knoten in Richtung Madeira und treffen unterwegs eine Schildkröte und ein paar Delphine. Was die Laune weiter hebt: Unter Segel nehmen wir kein Wasser. Unser Leck muss also tatsächlich im Kühlkreislauf liegen – und es ist vielleicht schon gestopft!
Sonntag, d. 11.9., Nordatlantik – Zur Feier des Sonntags gibt es ein Luxus-Frühstück mit Eiern, Schinken und Toastbrot. Wir laufen unter Genua, und es ist richtig gemütlich an Bord. Zum Schutz vor der Sonne spannen wir jetzt sogar unser Bimini auf.
Gegen Mittag allerdings schläft der Wind fast völlig ein, und wir müssen wieder den Motor starten. Am frühen Abend checken wir die Bilge und stellen fest: Teilerfolg. Es kommt immer noch Wasser, aber weniger als vorher. Nur noch 0,5 l pro Stunde landen im Keller – doch wo das letzte Leck ist, wissen wir immer noch nicht.
Montag, d. 12.9., Nordatlantik – Wir laufen wieder unter Segeln und brausen mit 6.5 Knoten auf Madeira zu. Der Motor bleibt aus – und mein Mann hat in unermüdlicher Suche unter Deck den kleinen Übeltäter ausgemacht!
Versteckt hinter einer Wandverkleidung – befindet sich im Kühlwasserkreislauf ein Ventil, das eigentlich verhindern soll, dass Seewasser von aussen in der falschen Richtung durch den Auspuff in den Kühlkreislauf eindringt. Dieses kleine Mistding leckt, wir können es sehen: Wenn wir den Motor anstellen, läuft nach kurzer Zeit ein stetiges kleines Rinnsal von Salzwasser hinter der Verkleidung abwärts in die Bilge. Leck gefunden – aber reparieren können wir das nicht, wir haben kein Ersatzventil an Bord.
Das macht aber auch nichts. Wir bauen die Wandverkleidung wieder an und segeln weiter. Wir können sogar wieder den Gennacker auspacken und rauschen mit 5-7 Knoten in Richtung Südosten. Der Himmel ist blau, die See ist ruhig, und die Sicht ist klar. Gegen Nachmittag kommt Madeira in Sicht. Wir können es zunächst kaum glauben, denn die Insel liegt laut Seekarte etwa 90nm entfernt, das sind mehr als 160 km. Dennoch ist es eindeutig: Aus einer dicken Wolkenschicht ragen Madeiras Berge hervor. Ich erinnere mich dunkel an die Formel zur Berechnung der Entfernung eines „Feuers in der Kimm“ und rechne überschlagsweise nach. Kommt hin! Wir nähern uns dem Ziel!!
Dienstag, d. 13.9., Madeira – Es ist verrückt. Wir sind schon mehrmals in Quinta do Lorde im Osten der Insel eingelaufen, aber noch NIE haben wir den Ort im Sonnenschein erreicht. Immer versteckte sich Madeira unter Wolken, so auch heute. Es ist so schlechte Sicht, dass wir auch im Morgengrauen unser Radar eingeschaltet lassen. Madeira liegt etwa 5 Seemeilen querab und wir können die Insel nicht mal im Ansatz erkennen. Auch kleinere Fischerboote würden wir ohne Radar wohl erst sehr spät erkennen. Es regnet, nieselt und nebelt die ganze Zeit.
Erst gegen 10 Uhr lichtet sich das Wolkenfeld. Wir passieren die Ilha do Farol und nehmen Kurs auf die Marina Quinta do Lorde. Nach genau 498,1 nautischen Meilen, das sind rund 920 km, haben wir unser Ziel erreicht. Mit 4 Nächten auf See war das zeitlich unser bisher längster Törn – und trotz unserer Leckage-Probleme habe ich ihn als „angenehm“ erlebt. Beim nächsten Törn darf´s wieder etwas mehr sein ;-).
Jetzt erstmal schlafen!
– Vorherigen Törnbericht lesen – Nächsten Törnbericht lesen –
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