Juni 2019, Asturien, Lastres – (BW) Wir liegen ganz zünftig im kleinen Fischereihafens von Lastres – ohne Strom, Wasser, Duschen und Toiletten. Außer uns sind keine anderen Fahrtenyachten hier, nur Fischer und jede Menge Hobby-Angler ::::
Dienstag, den 04.06., Gijon – Nach sieben Tagen Landleben geht es wieder weiter. Draußen weht ein NW-Wind der Stärke 5, und in den nächsten Tagen ist wieder „Schietwedder“ angesagt. Eine eigenartige Großwetterlage – über den Azoren liegt statt eines Hochs ein Tiefdruckgebiet – beschert uns hier in Nordspanien Kälte und ganz viel Regen, während die unsrigen daheim Sonne satt haben und die erste Hitzewelle erleben!
Wohin wir denn wollen bei diesem Wind, fragen uns die Nachbarn. Wir wollen, anders als die meisten hier, nach Osten. Passt also! In den nächsten beiden Wochen werden wir die wilde Küste Asturiens erkunden. Dort gibt es wenig Infrastruktur für Segler, dafür aber viele relativ unberührte Abschnitte mit Flussläufen und Lagunen, in die man zum Ankern oder Trockenfallen einfahren kann!
Zunächst aber steht uns ein anderes Abenteuer bevor: Wir müssen unseren „Schwarzwasser“-Tank absaugen – jenes Teil, das an unsere Bordtoilette angeschlossen ist und es uns erlaubt, unser Klo auch im Hafen zu benutzen. Normalerweise entsorgen wir die Ergebnisse unserer Bordküche draußen auf See. Dazu öffnen wir unter dem Tank ein Ventil – woraufhin sich der Inhalt mit lautem Rauschen in den Ozean verabschiedet. Die letzten Male allerdings musste Jochen immer wieder energisch nachhelfen: Offensichtlich haben sich in unserem Tank dank guter Düngung Algen breit gemacht, die den Abfluss verstopfen. Das erfordert eine Bohrung von oben – mit langem Draht durch die Absaugöffnung auf dem Laufdeck.
Weil in Europa seit etwa 10 Jahren alle Fahrtenyachten mit einem solchen Tank ausgestattet sind, müssen auch die Marinas Vorrichtungen für die Absaugung und Entsorgung vorhalten. Die Marina Gijon hat eine solche, und deshalb wollen wir „1x Absaugen“ buchen! Wir hoffen, dass sich unser Problem danach erledigt hat.
TinLizzy dockt an der Tankstelle der Marina an. Ich gehe zum Hafenbüro, um dort eine Münze für den Automaten zu kaufen. „Queriamos usar la maccina para succionar las aguas residuales“, gebe ich zum Besten – und blicke in lauter baff erstaunte Gesichter. War das falsch formuliert? Vielleicht, aber … sie haben mich verstanden!
Die Dame am Schalter nickt und bedeutet mir zu warten. Sie geht zum Marinero, bespricht sich, der schüttelt den Kopf und schickt sie zum Chef des Hafenbüros. Der legt die Stirn in Falten, telefoniert mit irgendwem, berät sich dann nochmal mit dem Marinero und erklärt mir schließlich: Die Absaugung funktioniere nicht gut. Sie machten das sowieso sehr selten. Garantieren könne er nichts. Aber sie würden es versuchen. Bezahlen müssten wir nur bei Erfolg.
Na dann! Wir machen uns unter Mithilfe des Marineros an die Arbeit – und 20 Minuten später ist die rote Füllanzeige aus und der Tank leer. Wir bezahlen 30 Euro und werfen die Leinen los. Es ist jetzt 13 Uhr.
Auf einem flotten Raumschotkurs sausen wir unserem Ziel – der Lagune von Vilaviciosa – entgegen. Hier wollen wir ein paar Tage bleiben, um zunächst ankernd, später trockenfallend, Sturmtief Miguel abzuwettern. Leider wird daraus nichts. Zwar kommen wir gut in die Lagune hinein, die Strömung – es ist Springtide – ist aber so stark, dass wir hier nicht bleiben wollen. Mehrmals verrutscht im schlechten Grund der Anker. Also: Wieder raus hier!
Mittlerweile hat der immer noch starke NW-Wind Regen mitgebracht. Dick vermummt rauschen wir weiter in Richtung Osten, und nach ca. 30 nm fällt unser Grundeisen in der Bucht vor Lastres, einem kleinen Fischerort. Vor Wind und Wellen schützt uns ein riesiger Fels und eine mächtige Hafenmole.
Wir liegen hier ruhig und sicher! Jetzt erstmal raus aus den nassen Klamotten und Essen kochen. Später fallen wir todmüde in die Kojen und schlafen wie die Steine.
Mittwoch, d. 05.06., Lastres – Wie schön es hier ist! Mit dem morgendlichen Sonnenschein erkennen wir, dass wir in einem kleinen Paradies gelandet sind. Lastres liegt hinter einem hellen und feinsandigen Strand an einem Hang, der zum offenen Meer hin in eine felsige Steilküste übergeht. Überall wuchert sattgrüne Vegetation, sogar die Ziegeldächer der Altstadt sind bewachsen.
Es gefällt uns so gut, dass wir beschliessen, ein paar Tage hier in Lastres zu verbringen und Miguel hier abzuwettern. Glücklicherweise gibt es im Fischereihafen einen winzigen Pontoon für Transityachten – ohne Wasser, ohne Strom, und Toiletten und Duschen gibt es auch keine. Doch das macht uns nichts. Strom machen wir selbst, Duschen können wir an Bord – und „der Tank“ ist schließlich wieder leer! Oder?
Pustekuchen. Obwohl wir das Klo kaum genutzt haben, blinkt schon am Abend die rote Füllstandsanzeige. Mist. Also immer noch Algen im Tank ?!
Wir verschieben die nötige Bohrung auf die Dunkelheit und das „ablaufende Wasser“. Dann wird, was auch immer da noch aus unserem Tank fließt, schnell in den Weiten des Ozeans verschwinden.
Ich googele derweil ein wenig und hole mir Rat, wie wir diesen blöden Tank säubern können, ohne ihn auszubauen. Die Experten des Internets empfehlen, ihn abwechselnd mit Essigsäure und Abflussfrei zu „behandeln“, da sonst Kalk und Eiweisse verklumpen würden und den Tank mit der Zeit in eine Tropfsteinhöhle verwandeln. Essigsäure scheint mir dann aber doch ein zu hartes Geschoss zu sein – ich beschließe, morgen im Dorfladen erstmal ein Paket Calgon zu kaufen.
Samstag, d. 8.6., Ribadesella – Nach 3 Tagen im schönen Lastres sind wir heute früh weitergezogen. Sturmtief Miguel ist durchgezogen, und wir haben kaum etwas davon mitbekommen! Jetzt wollen wir nach Ribadesella, eine Lagune, deren Einfahrt sehr schmal und flach ist und in der sich leicht Grundseen bilden. Wenn wir dort überhaupt einlaufen können, dann nur bei Hochwasser! Eventuell müssen wir vorbeifahren, denn Miguel hat eine ordentliche Dünung hinterlassen….
Schon gegen 9:00 Uhr sind wir vor der Einfahrt und sichten mit dem Fernglas die Lage. Am Strand brechen sich die Wellen, aber direkt vor der Einfahrt ist es tiefer, und die Wellen laufen durch. Etwa 10 Minuten lang beobachten wir das Ganze, dann sind wir sicher: es geht!! Keine 20 Minuten später sind wir drin in der Lagune, und haben am Transit-Pontoon festgemacht. Wir werden von den Nebenliegern freundlich begrüßt. Außer uns sind noch vier andere Segelyachten hier: eine belgische, zwei französische und eine englische.
Ribadesella ist ein netter Touristenort mit vielen spanischen und französischen Besuchern. Das Panorama ist einmalig. Der Ort ist von Bergen umsäumt, und doch spürt man überall die Nähe des Ozeans und die Gezeiten. Als wir am späten Nachmittag von einem Spaziergang wieder an Bord kommen, ist die Lagune fast komplett trockengefallen. Nur die Marina und ein schmales Fahrwasser führen noch Wasser.
Sonntag, den 9.6., Ribadesella – Heute ist Regenwetter angesagt. Wir machen uns dennoch zu einer kleinen Wanderung auf, Regenschirme nehmen wir mit. Unser Weg führt uns an der Lagune entlang und dann ins Inland. Wir durchqueren mehrere kleine Dörfchen, in denen offensichtlich noch Landwirtschaft betrieben wird. Überall hören wir die Glöckchen von Kühen und Ziegen. Wir sind mitten in einer grünen Idylle. Bei schönem Wetter muss das hier wunderschön sein – heute aber sieht alles ein wenig traurig aus. Gegen Mittag geraten wir in einen schweren Schauer und retten uns in ein kleines Dorfgasthaus, in dem wir essen gehen.
Als wir am späten Nachmittag zurück an Bord kommen, beobachten wir, wie eine der französischen Yachten völlig ungeniert ihren Schwarzwassertank säubert und eine echte Sauerei hinterlässt, die jetzt im rauschenden Ebbstrom zu uns herübertreibt. Wir sind etwas erstaunt – lassen uns aber dazu inspirieren, unseren (leeren) Tank ebenfalls durchzuspülen. Bei uns muffelt nix, das Calgon hat offenbar gewirkt, allerdings kommen jetzt ganz viele beige-farbene, ledrige Blätter aus dem Ausgang. Was ist das denn für ein Biotop? Ich beschließe, gleich morgen früh vor dem Auslaufen noch eine Packung Abflussreiniger zu besorgen, um die Behandlung fortzusetzen….
Montag, den 10.6., S.V. de la Barquera – Sind, ohne es zu planen, in einer Traum-Location gelandet. Nachdem wir in Ribadesella gleich morgens mit halber Tide abgelegt haben, wollten wir eigentlich in den Ria de Tina Menor einlaufen, um dort zu ankern oder trockenzufallen. Leider aber stand in der Einfahrt eine ganz blöde Welle, und wir haben uns nicht getraut. Wir mussten weiterziehen bis San Vicente de la Barquera. Jetzt sind wir schon in Kantabrien! TinLizzy ankert in der Lagune vor einem Traum-Strand – mit Aussicht auf die Picos de Europa. Wir wissen gar nicht, wohin wir unseren Blick zuerst wenden sollen.
Leider ist es schon zu spät, um an Land zu rudern. Wir kochen, essen, legen eine Patience und wollen uns gerade zufrieden in die Kojen legen, da merken wir: Es leuchtet schon wieder die rote Lampe unseres Schwarzwassertanks! Die Behandlung mit dem umweltfreundlichen Abflussreiniger („Limpia tuberias con agentes biologicos!“) hat offensichtlich nicht angeschlagen.
Glücklicherweise rauscht draußen noch der Ebbstrom, und Jochen macht sich gleich an die Arbeit….
Dienstag, den 11.6., San Vicente de la Barquera – Haben in der Lagune von S.V. de la Barquera eine ruhige, aber kühle Nacht verbracht – und deshalb wieder die Wolldecken hervorgeholt. Das Thermometer zeigt 13 Grad, und auf den Gipfeln der Picos liegt Schnee!!
Wir stellen die Heizung an, frühstücken, und dann rudern wir mit dem Dinghi an Land. Über eine steinerne Römerbrücke überqueren wir die Lagune und laufen in Richtung San Vicente. Dem Wegweiser nach sind wir hier auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela, und tatsächlich treffen wir einige Pilger, die mit Pilgerstock und Rucksack in Richtung Westen unterwegs sind!
Die Stadt ist uralt und verfügt über einen gut erhaltenen historischen Ortskern. Wir besichtigen eine Burg mit Museum sowie eine Kirche, die hoch oben auf dem Berg stehen. Von dort haben wir eine tolle Aussicht über die ganze Bucht.
Donnerstag, d. 13.6., Ria de Tina Menor – Kein Wind, keine Welle! Werden deshalb heute noch einmal zurück nach Asturien fahren. Wir haben perfektes Wetter, um im Ria de Tina Menor trockenzufallen – und dabei unseren blöden Schwarzwassertank noch einmal abschließend von unten zu inspizieren.
Um 15 Uhr kommen wir in der Lagune an. Diesmal ist die Einfahrt leicht zu nehmen, es steht keinerlei Welle hinein, und der Grund ist gut zu erkennen. Wir suchen uns ein Plätzchen, indem wir – vorsichtig Kreise fahrend – die Wassertiefe loten. Als wir einen ebenen Standplatz gefunden haben, bringen wir Bug- und Heckanker aus und warten. Gegen 21 Uhr sind wir komplett trockengefallen. TinLizzy steht super ! Es ist total still, niemand außer uns ist hier. Fast ein wenig unheimlich!
Freitag, d. 14.6., Ria de Tina Menor – Morgens früh aufgewacht, denn mit dem zweiten Ebbstrom hat es TinLizzy etwas versetzt. Wir stehen schief! Macht aber nichts, den Ausgang vom Tank können wir so sogar noch besser sehen.
Auch alle anderen Borddurchlässe, die Opfer-Anoden und die Schraube werden einer kritischen Inspektion unterzogen. Alles im grünen Bereich! TinLizzy ist bereit für den Schlag über die Biscaya!
Jetzt erstmal in Ruhe frühstücken, und dann faulenzen, spazieren gehen, sich sonnen und auf Hochwasser warten….
Samstag, d. 15.6., San Vicente de la Barquera – Sind noch einmal für ein paar Tage in die Lagune von San Vicente zurückgekehrt, um das Strandleben zu genießen. Es scheint immer noch die Sonne, für ein paar Tage ist endlich der Sommer eingekehrt. Auf dem Campingplatz „El Rosal“ wird es immer voller. Der Strand ist hier aber so lang und so breit, dass sich trotzdem immer ein ruhiges Plätzchen findet.
Leider aber blinkt in unserem Bordklo immer noch ständig die Füllstandsanzeige, alle Versuche der Reinigung schlugen fehl. Wir werden das blöde Teil demnächst ausbauen müssen. O Mann. Schiet happens!!
Jetzt werden wir uns allerdings erstmal aus Spanien – und hoffentlich auch aus dem Mistwetter – verabschieden. In der nächsten größeren Stadt, entweder Santander oder Laredo, bunkern wir Lebensmittel und Wasser für den Trip nach Frankreich!
– *Vorherigen Törnbericht lesen* – Nächsten Törnbericht lesen –
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