Juni/Juli 2015, Rio Guadiana: Die Stimmung an Bord ist im Keller. Sollte an einem neuen Schiff nicht eigentlich alles funktionieren? Graue Theorie! Bei uns, in der Praxis, macht nach einer kurzen, trügerischen Phase des störungsfreien Betriebs der Dieselmotor Stress. Nicht nur, dass er sich gelegentlich selbst abschaltet, mit Vorliebe beim Manövrieren in engen Häfen.
Jetzt ist, nach Flussfahrt vor Anker, auch noch die Kühlung verstopft. Es will einfach kein Kühlwasser fließen. Das heisst: Ab ins Wasser! :::::
Freitag, den 26.6., Pomarao – Immer noch noch auf dem Fluss. Mittlerweile sind wir endgültig in der Wildnis angekommen. Hier gibt es nicht mal mehr ein Mobilfunknetz, und das will in Portugal etwas heißen.
Wir machen einen Schlauchbootausflug nach Pomarao, einem kleinen Dorf direkt an der Grenze zu Spanien. Leider gibt es keinen Supermarkt und auch keinen Bäcker. Das ist blöd, denn jetzt müssen wir in unserer Sauna (schon vormittags 35°C in der Kajüte) auch noch den Backofen anschmeissen und Brot backen…
Eigentlich kann man es nur im Wasser aushalten. Wir gehen andauern baden….
Samstag, d. 27.6, Alcoutim – Am Steg von Alcoutim ist ein Platz frei, und wir machen fest. In unserem Revierführer haben wir gelesen, dass man dort auch einen kleinen Supermarkt und ein Restaurant findet…. Wir haben großes Glück, dass wir vor 12 Uhr dort aufschlagen, denn der Supermarkt will gerade schließen. Brot bekommen wir allerdings nicht mehr, alles ausverkauft…
Nachmittags müssen wir unser Schiff an einen anderen Platz verlegen, denn morgen wird hier ein Kreuzfahrtschiff (!!!) erwartet. Das gelingt uns gerade eben noch, dann verabschiedet sich wieder eigenmächtig unser Diesel. Wir sind ratlos. Was ist das bloß? Blöderweise scheint jetzt das Zündschloss einen Wackelkontakt zu haben, denn man bekommt den Motor nur noch an, wenn man den Schlüssel mit viel Kraft in das Schloss drückt…. Hmmh. Hier in Alcoutim können wir nichts machen. Einen Schiffselektriker gibt es hier nicht, ein Austausch-Teil bekommen wir erst in Cadiz – und an eine Reparatur in Eigenregie wagen wir uns nicht. Also aussitzen.
Was blöd ist: Hier in Alcoutim „sitzen“ wir zwar unheimlich schön, aber leider ist aber das Flusswasser so dreckig, dass wir nicht baden mögen. Und das ist bei mittlerweile 38°C wirklich unangenehm.
Wir schütten uns also ab und zu etwas Trinkwasser über die schwitzenden Körper und bewegen uns ansonsten möglichst wenig. Abends muss die Küche kalt bleiben. Wir gehen essen – mit fantastischer Aussicht auf den Fluss und das gegenüberliegende spanische Dort San Luca. Der Wirt der „River Tavern“ erzählt uns, dass es im Nebenfluss ganz in der Nähe einen Flussstrand gibt, den „Praia Fluvial de Alcoutim“. Dort sei die Wasserqualität gut.
Sonntag, d. 28.6., Alcoutim – Das Dorfleben hat es uns irgendwie angetan. Wir beschließen, noch zu bleiben. Morgens drehen wir eine Walking-Runde durch die Hügel, und danach suchen wir den Flussstrand. Nicht schwer zu finden, der Strand ist wunderschön, und das Wasser ist sauber.
Als wir gerade zurückkommen, gibt es großes Kino: Wie angekündigt läuft ein riesiges Flusskreuzfahrtschiff ein. Kaum zu glauben, dass es hier an den Anleger passt!
Plötzlich ist von Alcoutim fast nichts mehr zu sehen. Ein schwimmendes Hochhaus verdeckt die Sicht…
Uns macht das nichts aus, denn wir haben gegen die Hitze eine große Plane gespannt, so dass wir eh nicht mehr rausgucken können aus unserem Cockpit. Wir frühstücken, lesen, dösen, und nachmittags – als das Thermometer an Bord trotz Plane wieder die 35°C überschreitet – machen wir uns wieder auf zum „Strand“. Dort hängen wir uns ins Wasser. Es ist – trotz Wochenende – nicht besonders voll. Erstaunlich. So kann man das aushalten.
Montag, d. 29. Juni, Alcoutim – Heute geht´s zurück. Wir gehen noch einmal schwimmen zum Flussstrand, und dann heisst es: Leinen los. Wieder hat unser Diesel bzw. unser Zündschloss zu Beginn „nervöse Störungen“, aber während der gesamten Fahrt flussabwärts hält die Maschine durch. Toi, toi, toi.
In der Flussmündung angekommen, trauen wir uns dann aber doch nicht, in die Marina Guadiana einzulaufen. Es steht noch ein starker (Tiden-)Strom, und die Marina liegt mittendrin. Das wollen wir uns dann mit unserem nervösen Diesel doch nicht geben, und wir ankern in Höhe der Marina auf der spanischen Seite vorm Strand. Morgen ist auch noch ein Tag. Wir kochen, essen, und gehen früh schlafen. Es ist kühler geworden….
Dienstag, d. 30.6., Marina Guadiana – Gleich morgens große Aufregung und – miese Stimmung. Der Diesel springt an, geht aus, springt an, geht aus – und außerdem kommt kein Kühlwasser. Ist nach unserem Abstecher in den Guadiana jetzt auch hier der Kühlkreislauf verstopft? Oder der Impeller kaputt, oder beides, oder was !? Ich bin sauer und schimpfe wie ein Rohrspatz, und Jochen, der despektierliche Äußerungen über sein geliebtes Schiff leicht persönlich nimmt, ist jetzt ebenfalls schlecht gelaunt. Können wir uns nicht in den Hafen schleppen lassen? Schließlich fahren wir endlos Motorboote rum und Wassertaxis….
Jochen will das nicht – und schafft es im Gegensatz zu mir, seinen Ärger zu 100% in sinnvolle Aktivität um zusetzen: Er holt seine Tauchutensilien raus und springt ins Wasser.
Jochen´s Tauchgang ist kurz. Er ist kaum abgetaucht und unter dem Rumpf verschwunden, da wird uns beiden plötzlich klar, was unseren Kühlkreislauf blockiert: Wir ankern mitten in einem Feld von dicken, fetten Quallen! Eine von ihnen sitzt unter unserem Kühlwassereinlauf fest…
Genauso schnell, wie Jochen im Wasser war, ist er jetzt wieder draußen. Eine Qualle hat er touchiert – aber glücklicherweise scheinen die Biester kein Nesselgift abzusondern. Es ist nichts zu sehen, und weh tut auch nix.
Wir ändern dennoch unsere Taktik. Wir starten nochmals den Diesel, und der – o Wunder – läuft. Nach mehrmaligem Vorwärts- und Rückwärtsfahren ist die Qualle mürbe und der Kühlwassereinlauf frei.
Später in der Marina gehe ich auf Internet-Recherche: Was gibt es hier für Quallen? Wir sind – sofern mich meine Augen nicht getäuscht haben – in eine Kolonie von „Wurzelmundquallen“ geraten. Die können gut schwimmen, halten sich deshalb im Tidenstrom und ernähren sich dort von Plankton. Sie sind so ungefährlich wie die gemeine (Ostsee-)Ohrenqualle, aber sehr, sehr viel hübscher anzusehen.
Mittwoch, d. 1.7. Marina Guadiana – Welch ein großes Glück, dass heute morgen bei Ablegen von der Dieseltankstelle wieder der Diesel ausging.… Der junge Mann von der Tankstelle kennt solche Probleme – und außerdem jemanden, der das reparieren kann! Keine 10 Minuten später ist – per Mobiltelefon alarmiert – ein Elektriker zur Stelle. Er schraubt unsere Steuersäule auf, nimmt die Einheit mit dem Zündschloss heraus – und weitere fünf Minuten später ist mit Hilfe von ein paar Kabelbindern alles repariert. Hält jetzt erstmal ein paar Jahre, meint der gute Mann … Wir werden sehen!
Es grüßt Euch,
Barbara
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