September 2014 – Wir sind wehmütig. Gerade noch haben wir in Hamburg auf dem Feuerschiff gemeinsam mit unseren Kindern, Freunden und anderen Weggefährten unser Abschiedsfest gefeiert. In Hamburg sagt man „Tschüss“ – das sangen sie für uns. Wir haben uns riesig gefreut – und mussten uns doch die Tränen verkneifen. Über zwanzig Jahre haben wir in Hamburg gelebt, bevor wir Haus und Hof verkauft haben, um auf Blauwassertörn zu gehen. Es wird mindestens ein Jahr dauern, bis wir wieder hier sind und alle wiedersehen… :::::
Wir verabschieden uns von unserem Sohn Felix, bringen Tochter Hanna, die zurück nach Dresden muss, zu den Landungsbrücken. Einmal schlafen noch, und dann geht es auf die große Reise. Elbabwärts, Richtung West – Süd – West.
Frühmorgens am 2. September laufen wir – etwas ungewöhnlich – gegen die Tide aus. Der Wind passt, und wir wollen es an einem Tag bis nach Cuxhaven schaffen. „Geht nicht!“, sagte am Vortag zwar der Hafenmeister, aber wir wollen es trotzdem versuchen.
Hamburg zeigt sich im Morgengrauen von der schönsten Seite! Überall am Elbufer brennen noch die Lichter! Wir laufen unter Motor mit Volldampf elbabwärts, vorbei an all den Orten, die wir früher oft von der Landseite her besucht haben: die Hafenpromenade, den Fischmarkt, den Museumhafen, die Strandperle, den Süllberg, Teufelsbrück…. Eigenartiges Gefühl.
Eine Stunde vor Stillwasser sind wir in Wedel. Mittlerweile scheint die Sonne, der Wind schiebt uns, und unter Motor plus Gross sausen wir kurz danach mit der Tide weiter Richtung Nordsee. Mittlerweile wissen wir: Wir werden abends in Cuxhaven sein.
Wiederum mit Stillwasser – und folglich ohne den gefürchteten Tidenstrom vor der Hafeneinfahrt – laufen wir nachmittags in Cuxhaven Marina ein. Wir gehen spazieren, aber für die Reize der Stadt sind wir unempfänglich. Wir sind immer noch müde vom vielen Feiern, und irgendwie ein bisschen traurig…. So hauen wir uns früh in die Kojen, und schon am nächsten Morgen laufen wir wieder aus.
Wir setzen noch im Vorhafen die Segel, und weil uns der Streifen neben Fahrwasser nördlich des Leuchtturms Alte Liebe zu schmal erscheint, queren wir unter Vollzeug so schnell es geht die Schifffahrtsstraße und laufen weiter elbabwärts. Ein dicker Pott nach dem anderen kommt uns entgegen. Als wir Neuwerk, Scharhörn und die Sände hinter uns gelassen haben, biegen wir ab. Wieder suchen wir eine Lücke zwischen den Pötten, und dann geht´s rüber über die Autobahn.
Das Wetter ist gnädig mit uns. Die Sonne scheint, und ein warmer Ostwind beschert uns schönstes Raumschotsegeln entlang der friesischen Inseln. Eigentlich sollten wir durchziehen und eine Nachtfahrt machen…. Aber uns steckt irgendwie immer noch die Müdigkeit in den Knochen. Ein Blick in den Tidenkalender zeigt, dass wir gerade noch mit auflaufendem Wasser in Spiekeroog einlaufen könnten. Kaum gedacht, schon getan: Keine zwei Stunden später haben wir am Steg im Hafen von Spiekeroog festgemacht.
Hier merken wir, dass in diesen Breiten die Saison demnächst zu Ende geht. TinLizzy ist erstmals seit Monaten allein am Steg. Wir klaren auf, verlassen das Schiff und wollen essen gehen. Glücklicherweise lesen wir am Anleger noch das Schild: “Achtung, Steg fällt komplett trocken!“ Uups – das stand so nicht im Nordseeführer. Also nochmal zurück und den Hubkiel hochgeholt.
Das war gut so, denn als wir spätabends nach ausgiebigem Spaziergang über die Insel zum Schiff zurückkommen, steht TinLizzy tatsächlich voll auf Grund! Wir sind samt Steganlage trockengefallen. Das ganze wiederholt sich am nächsten Tag. Erst abends, mit dem nächsten Hochwasser, laufen wir wieder aus.
Wir segeln in den Sonnenuntergang, den westfriesischen Inseln entgegen. Die Nachtfahrt ist anstrengend, denn es sind in der Küstenverkehrszone auch des nachts viele Schiffe unterwegs: Fischer, Schlepper, Lastkähne. Am aufregendsten wird es – wie schon auf dem Hinweg – vor der Ems- bzw. Jade und der Insel Borkum. Den Windpark vor Borkum umfahren wir diesmal südlich, und dabei übersehen wir, fast, eine unbefeuerte Tonne in der Ansteuerung von Borkum. Ganz knapp rauschen wir daran vorbei. Puuh. Das Gute am Adrenalin ist: Man ist weniger müde hinterher…
Am frühen Nachmittag kommen wir in Vlieland an. Wir haben uns offensichtlich genau das richtige Wochenende ausgesucht, denn auf der Insel scheint irgendwas los zu sein! „Into the Great Wide Open“ steht in riesigen Holzlettern am Strand.
War das nicht – ein Song? Sang den nicht, vor mindestens zwanzig Jahren, so ungefähr, als unsere Tochter Hanna geboren wurde, Tom Petty? Tatsächlich! Wir sind unverhofft mitten in ein Open-Air-Festival geraten. Vlieland-Hafen ist voller „Schlafschiffe“ für Festivalbesucher, und überall sind erwartungsvolle junge Leute mit leuchtenden Augen und Zelt, Ruck- sowie Schlafsack unterwegs. Dennoch finden wir – welch ein Glück – ein Plätzchen direkt am Steg, nicht weit vom Strand. Zwischen all den jungen Leuten in Festival-Stimmung fühlen wir uns plötzlich ebenfalls wieder jung. Karten für das Festival gibt es zwar keine mehr – und als Mit-Fünfziger wären wir dort vielleicht auch fehl am Platz gewesen. Aber die Musik, die genießen wir trotzdem; direkt von unserem Liegeplatz aus, im Cockpit sitzend, ein Gläschen Wein in der Hand, mit Kerzen auf dem Tisch. Nicht schlecht!
Wir sind – nach einem traurigen Abschied aus Hamburg – jetzt wieder hochzufrieden mit der Welt und genehmigen uns noch einen weiteren Inseltag. Mit viel Glück gelingt es uns, bei „Jan van Vlieland“ die letzten verfügbaren Fahrräder (E-Bikes) zu mieten. Wir sausen mit Motor-Unterstützung über die Insel und durch die Dünen. Vlieland ist einfach zu schön!
Am frühen Sonntag morgen heisst es dennoch: Leinen los. Wir müssen für letzte Arbeiten in die Werft nach Makkum. Und danach heißt es auch für uns: Auf nach Süden – „Into the great wide open ….“!
Es grüßt Euch Barbara,
– Vorherigen Törnbericht lesen – Nächsten Törnbericht lesen –
Ein großes Dankeschön noch einmal an Britta, Christiane, Herrmann, Hendrik, Jürgen, Kerstin Blume, Matthias und Sabine für das musikalische „Tschüss“ – und ein ebensolches an Kerstin Schäfer für Fotos und Videos!
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