Mai 2016, Andalusien/Algarve: „In Gibraltar muss es kacheln“, meint Jochen und blickt besorgt zum Horizont. Hier bei uns, kurz hinter der spanisch-portugiesischen Grenze vor der Mündung des Rio Guadiana, kommt vom Starkwind aus Gibraltar aber nur die Dünung an. TinLizzy schaukelt in der unangenehmen Welle hin und her wie eine Ente beim Eiertanz, und unsere Segel – flapp, flapp, flapp – wollen sich einfach nicht mit Wind füllen. Das wird schon bald anders werden, denn die Wetterfrösche haben eine satte Tiefdruckstörung mit Starkwind und Sturm angekündigt ! ::::::
Puerto Sherry, 26. April – TinLizzy schwimmt wieder! Das Unterwasserschiff ist sauber, die neue Kühlwasserpumpe ist eingebaut, das Sperrventil des Schwarzwassertanks ausgetauscht und der Druckluftschlauch der Grauwasserpumpe geflickt. Jetzt muss nur noch die Schiene unseres Hubkiels gefettet werden, dann kann es losgehen.
Die erste Ankernacht der Saison steht bevor! Nach mehr als 10 Tagen verlassen wir am späten Nachmittag die Werft. Weit kommen wir heute nicht mehr, deshalb gehen wir gleich nebenan in der Bucht vor dem Strand von „La Puntilla“ vor Anker.
Playa de la Puntilla, 27. April – Was ist das denn??? Wir werden morgens von einem fauligen Geruch wach. Gestern Abend hatten wir uns beim Ankern dicht ans Ufer hinter die Ufermole des kleinen Hafenbeckens von Puerto Sherry verdrückt. Wir hatten Hoffnung, dort vor dem Schwell besser geschützt zu sein. Eine schlechte Wahl, wie wir schon nachts schaukelnd einsehen müssen. Morgens entdecken wir auch noch, dass hier irgendwo eine Abwasserleitung einfließen muss. Es stinkt!
Noch vor dem Frühstück verlegen wir unser Schiff weiter nordwärts. Anschließend geht es nach Rota an das nördliche Ende der Bucht von Cádiz. Dort ist das Wasser sauber, das wissen wir. Der Strand von Rota gewinnt alljährlich einen Preis als bester Strand Spaniens – auch wegen der guten Wasserqualität.
Rota, 28. April – Wir erkennen die Stadt kaum wieder. Letztes Jahr waren wir in der Hauptsaison hier, und die Altstadt sowie der Strand waren rappelvoll. Jetzt ist überall Platz! Wir kaufen ein, erkunden die Stadt ein wenig und gehen abends essen.
Chipiona, 29.April – Obwohl wir eigentlich noch weiter Richtung Westen wollten, haben wir unseren Trip heute in Chipiona beendet. Der Wind weht aus Ost, ist aber nicht stark genug für einen Vormwindkurs,, der wirklich Spaß macht.
Ich freue mich, dass mein Mann – der vor noch nicht allzu langer Zeit einen stressigen und verantwortungsvollen Posten hatte und nonstop im Einsatz war – langsam zur Ruhe kommt. Noch im letzten Jahr hätte er in dieser Situation mit Sicherheit mehrfach den Genacker ein- und ausgepackt, um auf alle Fälle das Etappenziel zu erreichen. Dieses Jahr haben wir keine Etappenziele mehr, sondern schauen, wie weit wir kommen ….
Wir machen uns also in Chipiona einen ruhigen Abend, legen die eine oder andere Patience und haben richtig gute Laune, bis… (Mann, nimmt das nie ein Ende????) wir bemerken, dass die Grauwasserpumpe ihren Dienst schon wieder eingestellt hat. Die „Reparatur“, die wir in Puerto Sherry haben vornehmen lassen, war für die Katz. Wir sind stinke, stinkesauer.
El Rompido, 30. April – Morgens überlegen wir hin und her. Was tun? Wir beschließen, den Druckluftschlauch selbst auszutauschen. Schlechter als die letzte Reparatur beim „Fachmann“ kann unsere eigene auch nicht werden. Und tatsächlich! In der Eisenwarenhandlung in Chipiona bekommt Jochen einen passenden Schlauch, flickt das Ganze – und binnen Stundenfrist ist wieder alles in bester Ordnung. Ich bin sehr, sehr stolz auf meinen Mann ;-).
Rasmus belohnt unsere Aktion mit einem wunderbaren Südwestwind der Stärke 4. Wir sausen mit teilweise bis zu 9 Knoten auf Amwindkurs Richtung Nordwest. Vor Huelva passieren wir zahlreiche dicke Pötte, die dort auf Reede liegen und auf Einfahrt waren. Sieben Stunden und 50 Seemeilen später laufen wir in El Rompido ein.
Die Einfahrt ist abenteuerlich. Wir wissen, dass wir reinkommen – denn wir sind vor mehr als zwei Wochen auch rausgekommen! Allerdings bemerken wir jetzt, dass die Zufahrt von Westen her immer weiter versandet und die Sandbarre kurz hinter der Ansteuerungstonne immer fetter wird. Nur noch 1,40m zeigte unser Lot unterm Kiel, und das bei mittlerer Tide!
Die Aufregung hat sich aber gelohnt. Wir ankern in schönstem Sonnenschein direkt vorm Strand – ganz allein.
Isla Canela, 1. Mai – Es zeigte sich, dass auch die Spanier gerne in den Mai feiern. Auf der Flecha del Rompido war in der Nacht jedenfalls die eine oder andere Party auszumachen, und wir sind mehrmals aufgewacht…
Dennoch stehen wir früh auf, gehen walken, schwimmen ein wenig in der Morgensonne und dehnen unsere Glieder anschließend mit ein paar Yoga-Übungen.
Nach dem Frühstück lockt uns ein knackiger Ostwind wieder hinaus auf den Atlantik. Etwa eine Stunde hält er vor, dann müssen wir den Motor anschmeißen, und nach weiteren zwei Stunden laufen wir die Isla Canela an.
Die Marina ist eng, aber kuschelig. Weiterer Pluspunkt: Der Strand ist nah, wunderbar breit und kilometerlang. Obwohl sich zum 1. Mai offensichtlich halb Andalusien hier zum Muschelsammeln verabredet hat, finden wir ein Plätzchen. Mittlerweile haben wir – wie die Spanier – sogar einen eigenen Sonnenschirm!
Ilha Deserta – 3. Mai – Ich wäre ja gerne noch auf der Isla Canela geblieben, doch leider…. Jochen hat morgens die Wetterprognosen studiert, und da zeigt sich wenig Gutes. Ein garstiges Turbo-Tief über Island wird die schöne, stabile Hochdruckbrücke, die sich seit Tagen von den Azoren bis nach Nordeuropa zieht, auseinanderbrechen. Jetzt entstehen am Rand eines zerzausten Azorenhochs jede Menge Tiefdruckwirbel, die sich gewaschen haben. Die kriegen wir Ende der Woche ab, denn weil in Nordeuropa noch das Skandinavien-Hoch aushält, müssen die Tiefdruckwirbel Richtung Süden abbiegen. Sogar in Nordafrika wird es regnen ….
Das gefällt Jochen gar nicht. Wir machen uns – etwas Holter-di-Polter – wieder auf unseren Weg Richtung Westen, denn wir wollen den Ostwind noch ausnutzen. Vilamoura ist das Ziel, doch unterwegs erwischt uns eine extrem unangenehme Dünung.
In Gibraltar muss es ordentlich kacheln, meint Jochen – und blickt besorgt zum Horizont. Hier bei uns kommt vom scharfen Wind aus der Meerenge von Gibraltar leider nur die Dünung an. Flapp, flapp, macht das Großsegel, und TinLizzy bewegt sich in der Welle wie eine Ente beim Eiertanz.
Obwohl eigentlich stillsitzend, bewegen wir uns „objektiv“ spiralförmig voran. Mir wird davon ganz flau im Magen, denn ich bin hungrig, und ich bin sauer: Wir haben es wegen unseres Holter-di-Polter-Aufbruchs von der Isla Canela versäumt, ausreichend Proviant für die Fahrt zu besorgen. Glücklicherweise finden sich in der Pantry noch ein paar Brötchen und Gorgonzolakäse, und Jochen steigt tapfer hinab, um sie zu schmieren. Er weiss, wie er mich wieder glücklich machen kann!
Bei dieser Dünung trauen wir uns allerdings nicht, den Hafen von Vilamoura anzulaufen. Es wird Niedrigwasser sein, das Ufer ist flach, und die Einfahrt ist direkt der Dünung ausgesetzt. Nicht gut! Also drehen wir ab und laufen – gegen die Tide – zur Lagune von Faro. Hier kennen wir uns aus, das müsste funktionieren.
Die Einfahrt ist ein Erlebnis und toppt El Rompido deutlich. Keine 30 Meter Meter rechts und links von uns spritzt die Gischt meterhoch, und wir schieben uns langsam, ganz langsam in die Einfahrt hinein. Zwischen den beiden Enden der Molen schäumt und gurgelt das Wasser, aber TinLizzy hält brav Kurs und zieht durch. Minuten später ist der Spuk vorbei. Wir ankern hinter der grünen Tonne in Sichtweite der Einfahrt und sehen die Fontänen über die Mole spritzen, doch bei uns ist alles still. Kaum Wind, kaum Welle, und wir liegen ruhig wie in Abrahams Schoß.
Vilamoura – 4.Mai.: Jochen kann es nicht fassen! Ich bestehe darauf, gleich morgens noch Brot und einen Kuchen zu backen. Was soll das?! Jochen will weitersegeln und vor dem angekündigten großen Mistwetter möglichst weit nach Westen kommen, aber ich mache mir irgendwie Sorgen. Kommen wir aus dieser Lagune wieder raus? Die Gischt spritzt immer höher! Und wenn wir rauskommen – können wir Vilamoura wegen der Dünung vielleicht wieder nicht anlaufen??? Und den nächsten Hafen vielleicht auch nicht ?! Was machen wir dann bloß ohne Brot???
Jochen will deshalb *früh* auslaufen, obwohl die Tide noch nicht stimmt. Laut Wetterbericht wären die Winde morgens besser als mittags. Ich will auf Hoch- und Stillwasser warten und bleibe stur. Schließlich gibt er auf. Ich knete und knete, backe und backe und beobachte neugierig aus dem Pantry-Fenster, dass zwei h Segler – unter Segel und Motor gegen den Tidenstrom kämpfend – unbeschadet die Lagune verlassen und dann fröhlich davonsegeln. Alles wird gut, das Brot ist fast fertig, und ich bin beruhigt.
Gegen Mittag machen auch wir uns auf den Weg. Obwohl nach unserer Berechnung jetzt eigentlich fast Stillwasser sein müsste, steht immer noch ein unglaublicher Strom. Gegen fast 5 Knoten kämpft sich auch TinLizzy unter Segeln und Motor erfolgreich durch den Tidenstrudel. Nach 20 Minuten haben wir es geschafft.
Die Fahrt nach Vilamoura ist verglichen damit langweilig und ereignislos. Wir kommen am frühen Nachmittag in der Marina an. Es hat ordentlich aufgebrist, und die Einfahrt in die Box ist nicht ohne. Heute bin ich mit dem Hafenmanöver dran. Der Wind steht seitwärts, und ich brauche drei Anläufe, bis ich unseren Kahn schließlich an einem viel zu kurzen und äußerst wackeligen Anlege-Finger „eingeparkt“ habe. Puuh!
Wir machen gerade noch rechtzeitig fest, um vor dem großen Regen unsere Kuchenbude aufzubauen. Kaum sind wir fertig, fallen schon die ersten Tropfen.
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