Oktober 2016, La Palma, Kanaren – Wir fremdeln ein wenig. Von den Azoren kommend sind unsere Sensoren für moderate Temperaturen, viel Grün und manchmal etwas Regen kalibriert. Hier auf La Palma ist alles anders. Es hat den ganzen Sommer über kaum geregnet, große Teile der Insel sind verdorrt oder verbrannt, und schon vormittags wird es hochsommerlich heiß. Ist das was für uns? ::::
Samstag, d. 1.10., Santa Cruz de La Palma – Wir haben uns ein paar Tage Ruhe gegönnt und das Schiff nur verlassen, um am Strand zu schwimmen oder irgendwo Essen zu gehen. Tazacorte ist ein netter kleiner Ort mit kaum mehr als 3000 Einwohnern, umgeben von lauter Bananenplantagen. Rund um den Hafen („El Puerto“) gibt es zahlreiche urige Lokale und Restaurants sowie einen großen schattigen Dorfplatz unter Bäumen, wo es sich vortrefflich faulenzen lässt. Im Dorfladen gibt es sogar Vollkornbrötchen. Man hat sich auf die Vorlieben der vorwiegend deutschen Touristen bestens eingestellt.
Heute jedoch brechen wir zur ersten Inselerkundung auf. Zugegeben: Wir fremdeln ein wenig. Von den Azoren kommend sind unsere Sensoren für moderate Temperaturen, viel Grün und manchmal etwas Regen kalibriert. Auf La Palma ist alles anders. Es hat den ganzen Sommer über kaum geregnet, große Teile der Insel sind verdorrt oder verbrannt, und schon vormittags wird es hochsommerlich heiß. Ist das was für uns? Hhmm. Wir nehmen uns vor, der Insel eine Chance zu geben. Wir werden das Schöne im Kargen suchen!
Mit unserem Mietwagen fahren wir über die Serpentinen aufwärts in die Berge und queren die Insel, bis wir nach ca. 1 Stunde in der Inselhauptstadt Santa Cruz de La Palma ankommen. Schon beginnt sich unser Bild von der Insel zu verändern. An der Ostküste ist es deutlich grüner, wenngleich auch hier der trockene Sommer seinen Tribut gefordert hat.
Santa Cruz hat was. Wir schlendern durch enge alte Gassen, allesamt gut in Schuss und teilweise nett herausgeputzt. In den Restaurants und Bars sind die Preise moderat, und wir bekommen überall sofort einen Platz. Es ist Nebensaison, die Herbstferien haben noch nicht begonnen. Hier kann man gut sein!
Sonntag, d. 2.10., Roques de los Muchachos – La Palma ist, gemessen an der Grundfläche, die gebirgigste aller Kanareninseln. Zwar ist der Teide auf Teneriffa mit 3700m um einiges höher, auf La Palmas Fläche von nur 708 km2 sehen aber auch die 2400 m des „Roque de los Muchachos“ gewaltig (!!!) aus. Wir arbeiten uns auf abenteuerlichen Serpentinen-Routen mit dem Mietwagen nach oben auf den Gipfel und drehen dort ein paar Runden zu Fuß. Das Panorama ist beeindruckend. Wir sind weit über den Wolken, und im Osten können wir deutlich die Nachbarinsel Teneriffa erkennen. Teneriffa ist ebenfalls von Wolken umhüllt, nur die Spitze des Teide schaut heraus.
La Palma ist, wie alle kanarischen Inseln und auch die Azoren – vulkanischen Ursprungs. Dies kann man hier oben deutlich erkennen. Der „Roque de los Muchachos“ bildet den Rand eines riesigen Kraters, die „Caldeira de Taburiente“. Einige Schlote haben der Erosion getrotzt und sind heute immer noch zu sehen.
Was wir durch die Wolken nur erahnen können: Die Caldeira ist nach Westen hin eingestürzt und „offen“. Im Winter und im Frühjahr fließen deshalb von hier gewaltige Wassermassen durch den „Rio de Taburiente“ und die „Barranco de Las Angustias“ (Schlucht der Ängste) nach Tazacorte in den Atlantik. Dann geht es wild zu in unserem gemütlichen Küstenort. Kaum zu glauben! Im Augenblick ist dort weit und breit kein Wasser zu sehen. Alles ist trocken!
Montag, d. 3.10., Puerto de Tazacorte – Jetzt müssen wir erstmal schrauben. Hafentag! Unser Autopilot funktioniert nicht, und wir gehen auf Fehlersuche. Das ist gar nicht so einfach, denn das Ding ist im Heck unseres Bootes montiert, und dort kommt man nur durch zwei klitzekleine Revisionsluken hin.
Jochen gibt sein Bestes und macht sich klein. Nach 3 Stunden hat er es geschafft. Das Ding ist ausgebaut. Jetzt müssen wir uns nur noch ausdenken, wie wir es unter Umgehung der gesamten Elektronik testen können.
Dienstag, d. 4.10., Puerto de Tazacorte, La Palma – Erfolgreich! Wir haben uns an der Dorftankstelle zwei lange Starterkabel gekauft, und damit können wir von unserer Starterbatterie etwas Strom für den demontierten Autopiloten abgreifen. Wir schließen das Ding an und stellen fest: alles ok, nur eine Sicherung ist durchgebrannt. Als wir sie ersetzen, funktioniert der Autopilot wunderbar. Gegen Nachmittag ist das Ding wieder eingebaut. Alles im grünen Bereich!
Donnerstag, d. 6.10., Los Sauces, La Palma – Heute ist der Inselnorden dran. Von unserem Stegnachbarn haben wir erfahren, dass es dort besonders wild und schön sei. Er hat nicht übertrieben.
Wir durchqueren die Insel mit unserem Mietwagen und halten uns in Santa Cruz de La Palma nordwärts. Zwischen Los Sauces und Barlovento finden wir abenteuerliche Küstenabschnitte und wilde Strände. Hier ist die Insel völlig unberührt, Touristen gibt es hier keine. Wir haben mittags Mühe, ein Restaurant zu finden….
Auf der Nordseite zeigt La Palma tatsächlich ein völlig anderes Gesicht als das, was wir von Tazacorte kennen. Die Küste hier ist schroff und steil, dennoch sind die Felsschluchten dicht bewachsen. Ein Wunder, das sich hier Planzen halten können!
Freitag, d. 7.10., Fuencaliente, La Palma – Kontrastprogramm. Wir fahren zunächst in Richtung Süden nach Puerto Naos. Hier gibt es den schönsten Strand der Westküste – und deshalb auch die meisten Touristen. Puerto Naos ist fest in deutscher Hand. Wir trinken einen Kaffee, danach haben sich die Reize der Stadt für uns erschöpft. Es zieht uns weiter nach Süden.
Ein anderer Stegnachbar hat uns vorgewarnt: Hier seien große Teile der Insel verbrannt. Im August dieses Jahres hat ein deutscher Tourist versehentlich einen riesigen Brand verursacht, als er versuchte, Toilettenpapier zu verbrennen. Weite Teile der Südwestküste sind davon betroffen, 4000 ha Wald kamen zu Schaden, und ein Mensch starb im Rauch. Brandschneisen ziehen sich bis ganz nach Süden in die Nähe von Fuencaliente.
Dort, am unteren Zipfel La Palmas, ist die Insel geologisch am jüngsten. Erst im Jahr 1971 kam es dort zu einem Vulkanausbruch, der 29 ha Neuland entstehen ließ. Wir fahren hin.
In einem kleinen Besucherzentrum in der Nähe des Kraters San Antonio informieren wir uns zunächst über die Geologie der Insel. Der Kraterrand ist zur Hälfte begehbar, und wir stapfen tapfer über einen Pfad aus Lavaasche und Steinen. Der Blick in den Krater ist phänomenal!
Samstag, d. 8.10., Caldeira de Taburiente, La Palma – Wir haben für heute eine Genehmigung bekommen, um mit dem Auto zum „Cumbrecita“ zu fahren, einem Aussichtspunkt inmitten des Naturparks Caldeira de Taburiente im Zentrum der Insel. Von dort führen zahlreiche Wanderwege durch die Caldeira, und man hat einen fantastischen Blick durch die Schluchten.
Gleich morgens machen wir uns auf den Weg. Die Straße führt uns durch sattgrüne Kiefernwälder in Serpentinen aufwärts zum „Gipfelchen“. Wir haben Glück und bekommen ein Naturschauspiel der besonderen Art zu sehen: Die „Cascada de Nubes“ (Wolkenwasserfall).
In einer Höhe von etwa 1450 Metern wälzen sich Passatwolken von Nordosten her über den Bergkamm des Cumbre Nueva – und lösen sich dahinter auf. Die Caldera de Taburiente teilt die Insel so in zwei klimatisch unterschiedliche Hälften, denn im Nordosten ist es feucht und wolkig, im Südwesten aber…. trocken. Dies können wir bestätigen!
Auch hier in der Caldeira ist allerbestes Wetter, aber trocken ist es nicht. Wie wir erfahren, sickert das durch die Wolken stetig zu Boden tropfende Wasser durch das Lavagestein und sammelt sich in natürlichen Wasserspeichern im Inneren der Berge. Die Caldeira ist deshalb ganzjährig grün!
Wir machen uns auf zu einem kurzen Spaziergang. Der Berg ist wunderschön, und es duftet überall würzig nach Nadelwald. Hier kann man durchaus einen ganzen Wanderurlaub verbringen!
Leider dauert unser Wanderurlaub nur 2 Stunden, denn länger dürfen wir hier nicht parken.
Wir fahren weiter und biegen nach Süden auf die „Ruta de los Volcanos“ ab. Auch hier erwartet uns ein Kontrastprogamm. Große Teile der Route führen durch riesige kahle und nur spärlich bewachsene Felder aus Lavaasche und Gesteinsbrocken. Oben auf dem Berg aber wendet sich das Blatt. Die Strasse führt durch Kiefernwälder – und endet schließlich im ebenfalls grünen Südosten der Insel.
Sonntag, d. 9.10., Puerto de Tazacorte, La Palma – Wir sind zufrieden. Nach anfänglichem Fremdeln sind wir mittlerweile ganz begeistert von La Palma. Wir freuen uns schon darauf, im Frühjahr wiederzukommen und hier noch ein wenig zu wandern, bevor es mit TinLizzy wieder in den Norden auf die Azoren geht.
Jetzt heisst es allerdings erstmal: Tschüss La Palma. Nächste Woche kommt TinLizzy raus aus dem Wasser und rauf auf den Hartplatz. Der Flug in die Heimat ist schon gebucht!
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