Mai 2015 – Algarve: Cabo de Sao Vicente – dies ist nach Finsterre und Cabo Penichel das dritte Felsenkap der iberischen Halbinsel, das wir auf diesem Törn mit TinLizzy umrunden. Sao Vicente ist das schönste. Nach einer ereignisreichen Woche und einer anstrengenden 12-stündigen Schaukelfahrt auf Vormwindkurs empfängt uns das Kap mit dem betörendem Duft der Macchia und einem Traumstrand. ::::
Samstag, 8. Mai – Wir haben uns etwas Erholung verdient! Nach unserem Abenteuer in den Prielen von Troia haben wir uns in der Marina Troia einquartiert. Troia Marina ist Teil des Troia Resorts und deshalb: chic. So ganz passen wir nicht hierher, denn wir sehen mittlerweile – windzersaust, barfuß und braungebrannt – aus wie die Vagabunden. Unser Schiff sieht aus wie ein Weltenbummlerschiff, ist nicht aufgeräumt, nicht sauber, und die ein oder andere Schramme haben wir auch schon abgekommen. Letztens rammte uns – vor Anker – in der Bucht von Seixal ein junger Opti-Segler, und seitdem wird unsere rohe Aluminium-Bordwand auf Steuerbord von einer veritablen Schramme verziert. Aber das macht nix. Wir bezahlen die (horrende) Marina-Gebühr, und die Crew platziert uns dezent etwas abseits, direkt am Eingang des Hafens, das ist ganz in unserem Sinn. Hier haben wir zwar keinen Blick auf die Restaurant-Meile (und die nicht auf uns), schauen dafür aber direkt in die nächtliche Leuchtreklame des Troia-Casinos, das merken wir am Abend. Erstaunlicherweise stört uns das nicht. Wir sind einfach schon ziemlich erholt, und so ein bisschen Ärger bringt uns nicht in den Stress-Modus, das lassen wir einfach durchlaufen.
Die Halbinsel Troia ist allerdings – trotz Golf-Resort – eine echte Entdeckung. Strand, Strand und noch mehr Strand, und dahinter Dünen wie auf Norderney oder Borkum. Wir fühlen uns fast wie auf Nordseeurlaub (weisst du noch, letztes Jahr, Vlieland?) und nutzen das Badeparadies ausgiebig.
Leider ist auf Troia aber nicht nur der Yachthafen, sondern auch das Einkaufen unverschämt teuer, und so machen wir uns bald klar für die Weiterfahrt. Wir kaufen das nötigste, bunkern ausreichend Wasser für zwei weitere Tage „irgendwo“ vor Anker und laufen schon am nächsten Tag wieder aus.
Sonntag, 9. Mai – Hier können wir einfach nicht vorbeifahren! Porthina Arrabida, in unserem Revierführer beschrieben als „one of the most scenic bays in Portugal“, ist, trotz Sonn- und Feiertag: leer. Wir schummeln uns bei Niedrigwasser an verschiedenen Flachs vorbei und schmeissen schon eine Stunde nach Ablegen in Troia erneut den Anker. Gegen Mittag füllt sich die Bucht, und das eine oder andere Motorboot macht an den Mooringtonnen fest. Porto Arrabida ist vor allem bei einheimischen Touristen beliebt. Gegen Mittag kommt eine portugiesische Familie mit Mama, Papa, Oma und fünf Kiddies an die Mooringtonne nebenan. Die Youngsters vergnügen sich mit Stehpaddeln und Schwimmreifen, die Älteren picknicken an Bord.
Porthina Arrabida hält, was der Revierführer verspricht. Das Wasser ist relativ warm, kristallklar, und die Aussicht auf eine alte Burganlage sowie den tollen Sandstrand ist atemberaubend. Wir schwimmen, lesen und faulenzen, und gegen Abend fahren wir mit unserem Dinghi an den Anleger zum Restaurant. Satt und zufrieden kehren wir zurück an Bord – und sehen, dass nebenan mittlerweile noch eine weitere Segelyacht unter Commonwealth-Flagge vor Anker liegt.
Deren Crew – Rob und Penny aus England bzw. Neuseeland – lernen wir am nächsten Morgen kennen. Ihr Außenborder streikt, und wir nehmen sie in Schlepp, um im Restaurant einen Kaffee zu trinken. Spontan verabreden wir uns für einen abendlichen Schoppen Wein in der nächsten Bucht, vor Sesimbra.
Montag, 11.5. – „Schmeiss dein Fahrrad weg und komm zu mir an Bord“, mit diesem Spruch, so erzählen uns Rob und Penny, habe ihre Geschichte angefangen. Rob, seit vielen Jahren Witwer und mit seinem Schiff allein unterwegs, traf die Neuseeländerin Penny vor einem Jahr während einer Regatta in Hamburg, als sie wiederum mit dem Fahrrad auf Deutschland-Tour war. Penny kam – und hat es bisher nicht bereut. Obwohl vorher nie gesegelt, erwies sie sich als äußerst seefest, und jetzt sind die beiden gemeinsam unterwegs. Ein lustiges Paar, wir haben an Bord ihrer „Silver“ einen sehr netten Abend verbracht. Da würden wir gerne noch einen Tag in Sesimbra bleiben, aber leider gehen uns die Vorräte aus.
Dienstag, 12.5. – Hier, am Strand von Sesimbra, kommen wir nicht an Land, die Brandung ist zu stark. Deshalb lichten wir am nächsten Morgen den Anker, winken Penny und Rob zum Abschied zu, segeln nach Sines und verbringen dort die Nacht im Hafen.
Für Sines spricht vieles – denn hier kann man sich gut versorgen, und: sich einwehen lassen. Für die nächsten Tage sagt der Wetterbericht nämlich eine Starkwind-Phase voraus. Zwar kommt der Wind aus Nord – und wir wollen nach Süden. Vor uns liegt ein Schlag von ca. 60 sm. Das passt im Prinzip… Aber wenn es richtig kachelt? …. Mal gucken.
Am nächsten Morgen gehen wir zunächst mal schwimmen an den nahen Strand und dann: einkaufen. Der Supermarkt, ein „Miniprecio“, ist gut sortiert. Wir kaufen, was in den Einkaufswagen passt, nehmen uns für den Rückweg ein Taxi und verstauen den ganzen Kram. Jetzt sind wir für alles gerüstet, aber der Tag ist bereits halb um. Heute kommen wir nicht mehr los. Und morgen?
Für morgen sagt der Wetterbericht: Es kachelt tatsächlich mit bis zu 8 Windstärken aus Nord, und das zwei Tage lang. Vormwindkurs hin oder her, das wollen wir uns dann doch nicht geben, denn wir müssen ja am Cabo Sao Vicente auch noch um die Ecke, und dann hätten wir die 8 Windstärken und die bis dahin sicherlich beachtliche Welle von vorne…
Mit uns lassen sich eine amerikanische, deutsche, schwedische, englische und belgische Yacht in Sines einwehen. Und, man staune: Im Hafen liegt irgendwann auch ein alter Krabbenkutter aus „Orth“ in Duisburg. Der fängt zwar im Atlantik keine Krabben mehr, sondern segelt im Rahmen eines Jugendhilfsprojekte ein paar Jugendliche durch die Meere – aber gestaunt haben wir trotzdem.
Samstag, 16.5. – Heute geht es also endlich weiter. Morgens um 6 Uhr stehen wir auf. Der Steg mit den Transit-Yachten ist bereits halb leer. Wie wir auch haben die meisten Yachten einen langen Schlag vor sich, und alle machen sich deshalb früh auf den Weg.
Um 6:30 Uhr haben auch wir unser Schiff klar, ein Frühstück ist vorbereitet. Wir legen ab und verlassen Sines im rotgoldenen Schein des Sonnenaufgangs. Die Stadt sieht man von See kaum, nur die Ladekräne des Seehafens geben eine beeindruckende Kulisse ab.
Wir wollen nach Süden, und unser Kurs ist vorm Wind. Das ist anfangs nicht eben angenehm. Es steht nach zwei Tagen Starkwind eine unangenehme Dünung, und heute reicht der Wind mit 3-4 Beaufort nicht ganz aus, um einen tiefen Raumschotkurs zu segeln. Es schaukelt zu sehr, die Segel stehen nicht, das wird nix.
Wir lassen deshalb eine Zeitlang den Motor an, frühstücken erstmal, und stellen uns dann auf einen Raumschotskurs ein. Jochen bereitet auf jeder Seite einen Bullenstander vor, denn wir werden vor dem Wind kreuzen müssen. Gedacht, getan. Vier Stunden lang segeln wir Zickzack, immer schön an unserer Kurslinie entlang. Stressig ist das nicht, denn wir haben den Atlantik hier ganz für uns allein. Erst ganz weit draußen meldet das AIS ein paar dicke Pötte und ein paar Fischer.
Gegen Mittag brist es auf, Rasmus gönnt uns 5 Beaufort. Wir rauschen, jetzt nur unter Groß, zeitweise mit bis zu 7 Knoten davon und können fast unseren Kurs anliegen. So macht das Spaß.
Gegen 17 Uhr sind wir vor Cabo Sao Vicente. Erst jetzt – man staune – treffen wir auf unserem Kurs das erste andere Schiff. Es ist ein Performance-Segler: Irgendeine Regatta-Crew heizt auf einem Super-Super-Super-Hoch-am-Wind-Kurs Richtung Norden. Sieht anstrengend aus. Wir dagegen: Holen unser Groß ein und schippern nur unter Genua gemütlich um das Kap.
Kaum unter Landabdeckung merken wir: Wir sind wirklich an der Algarve angekommen. Von den Felsen des Kaps weht der Wind herunter und bringt den würzigen Duft der Felsen-Macchia an Bord. Das begeistert uns so, dass wir beschließen, nicht weiter nach Lagos in die Marina zu laufen, sondern noch eine Nacht vor Anker zu verbringen.
Unser Revierführer weist zwei Ankerplätze direkt hinter dem Kap aus. Im ersten – favorisierten – liegen schon zwei Yachten, so dass wir ein Stück weiter fahren und unseren Anker direkt vor dem Strand von Belixe fallen lassen. Sanft gräbt er sich, das kann man an der Kette spüren, in den guten Sandgrund. Dieser Anker hält!
Wir trinken ein Anker-Bierchen, wärmen uns ein paar Nudeln auf, essen zu Abend und genießen die Aussicht. Mehr ist heute nicht drin.
Den Sonnenuntergang verschlafen wir schon fast, und den wunderbaren Sternenhimmel genießen wir bereits durch die Vorschiffsluke in unseren Kojen.
– Vorherigen Törnbericht lesen – Nächsten Törnbericht lesen –
M | D | M | D | F | S | S |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | ||||||
2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 |
9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 |
16 | 17 | 18 | 19 | 20 | 21 | 22 |
23 | 24 | 25 | 26 | 27 | 28 | 29 |
30 | 31 |