April 2019, Galicien – (BW) 10 Grad Celsius zeigte das Thermometer gestern Abend, und es ist nicht wärmer geworden seither. Ich liege in der Koje, wälze mich hin und her, und die Gedanken sausen durch meinen Kopf. Draußen pfeift der Wind, und die Kälte hält mich wach. Sie findet immer irgendwie einen Weg unter meine Decke, obwohl ich sie dicht um mich herumgeschlungen habe.:::::
Samstag, 27. April, Combarro – Schon seit Tagen sitzen wir mit TinLizzy in Combarro fest, einem wunderschönen Fischerdörfchen am Ende des Rias von Pontevedra. Wir verkriechen uns hier vor einem satten Sturmtief, das Wind, Starkregen, Wellen und ganz viel Schwell brachte. Kein schönes Wetter, und wir sind deshalb tief in den Ria hineingefahren. Mit dem Mietwagen haben wir in den gelegentlichen Regenpausen den einen oder anderen Ausflug gemacht. Zur Küste an den weiten Atlantikstrand von O´Grove, ins Inland nach Pontevedra, an die Strände des Ria… TinLizzy ließen wir derweil gut vertäut und abgefendert im Hafen von Combarro, denn hier liegt sie ruhig und sicher. Ruhig und sicher, liegt sie ruhig und … PITSCH !!
Ein paar Mal schon wäre ich fast eingeschlafen, doch dann trifft mich – PITSCH – mitten im Gesicht ein Tropfen von dem Kondenswasser, das sich am Alu-Rahmen unserer Vorschiffsluke sammelt. PITSCH – schon wieder – diesmal am Hals!
Meinen Mann scheint das nicht zu stören. Er schläft tief und fest. Deshalb fluche ich – PITSCH – still in mich hinein: Wir bekloppt ist das denn ?! In dieser Jahreszeit und bei dieser Kälte mit dem Schiff in Galicien unterwegs ?! Des nachts frierend unter einer tropfenden Luke liegend ?!! Wir müssen verrückt sein !!!! Wer ist nur auf diese blöde Idee gekommen ??!!!
Hilft alles nichts. Ich stehe auf, um das Kondenswasser von der Luke zu wischen und die Heizung anzustellen. Wahrscheinlich tropft es dann noch stärker, aber ich friere nicht mehr! Hoffnungsvoll lege mich wieder hin.
(…)
Morgens sehr spät – aber ausgeschlafen – aufgewacht. An Bord läuft immer noch die Heizung, und draußen scheint, man glaubt es kaum, die Sonne. Und was ist das ?! Kaffeeduft !!! Jochen ist bereits seit Stunden wach und hat Frühstück zubereitet. Auch den Wetterbericht hat er schon abgerufen. Alles wird gut!
Die nächsten Tage werden warm und sonnig, und der Wind hat sich ausgetobt. Jochen und ich schauen uns an – und wissen beide: Jetzt müssen wir unbedingt los. Das ist das Wetter für einen Ankerstop vor der Isla Ons! Schließlich sind wir Junkies! Wenn es etwas im Leben gibt, auf das wir nicht verzichten können, dann ist es: Segeln, und Ankern!
Wie die Bucht von Vigo von der Isla Cies, die wir schon vor vier Jahren besuchten, so ist auch die Bucht von Pontevedra von einer vorgelagerten Insel (Ons) perfekt vor den winterlichen West-Stürmen geschützt. Wie Cies gehört auch Ons zum Nationalpark „Islas Atlanticas“ und darf nur mit einer speziellen Erlaubnis angefahren werden. Die haben wir uns aber schon von Deutschland aus eingeholt. Nichts wie hin also!
Um 11:30 Uhr lichten wir den Anker und fahren unter Maschine los. Es weht keinerlei Wind. Als wir die Bucht von Pontevedra – diesmal bei Sonnenschein – durchfahren, sehen wir: Auch hier reiht sich ein perfekter, weißsandiger Sandstrand an den anderen. Galicien ist das Land der Strände!
Gegen 14 Uhr fällt der Haken vor der Isla Ons am Playa de Melide. Im Sommer tummeln sich hier die FKK-Fans, aber jetzt, in der Vorsaison, sind wir weit und breit die einzigen Besucher hier. Rund um uns herum ist Blau. Die Wellen schieben sich sachte auf einen Strand, der strahlend hell in der Sonne glänzt. Gelegentlich zanken sich ein paar Möwen, und draußen in der Bucht springen ein die
Delphine. Whow! Was kann schöner sein!? Alle Unbill ist vergessen, Frieren war gestern….
Wir genießen einen wunderbaren Nachmittag am Anker, doch bleiben können wir hier nicht. Für eine Übernachtung ist noch zu viel Schwell, und auch der Wind hat deutlich aufgebrist und weht jetzt auflandig. Also: Zurück zum Festland.
Diesmal fällt unser Grundeisen vorm Playa de las Canelinas bei Portonovo. Die Stadt ist zwar nah, aber wir hören davon nichts, und TinLizzy liegt in der Bucht ruhig wie in Abrahams Schoß.
Zeit für ein Schlemmer-Abendessen mit Asiatischem Reis und gebratenem Fisch! Der Sonnenuntergang ist einmalig schön, und der Abendwind weht lau. Wir trinken im Cockpit ein Glas Wein und genießen die Stunde. Schade nur, dass wir sehr früh ins Bett müssen. Morgen soll es gleich um 8:00 Uhr weitergehen in den nächsten Ria. Es geht nach Norden. Muros ist das Ziel.
Sonntag, d. 28.04., Muros – Unter Groß und Genua segeln wir frühmorgens etwa 20 Seemeilen in nordwestliche Richtung, und uns bring ein leichter bis mäßiger Nordostwind zügig voran. Am frühen Nachmittag passieren wir – nach Muros wären es noch etwa 2 Meilen – den Playa de San Francisco.
Er ist: atemberaubend! Weiß, feinsandig, von ein paar Felszungen in kleine Buchten unterteilt. Dahinter Schilf, Bäume, ein paar Häuser und schließlich: die galicische Bergkulisse. Wieder mal können wir uns kaum satt sehen. Muros muss warten, wir werden uns erneut freiwillig an die Kette legen!
Montag, d. 29.04., Esteiro – Immer noch nicht genug bekommen von der Ankerei. Eine Bucht weitergezogen in die Baia de Esteiros. Esteiros ist ein kleines Fischerdorf an der Nordküste des Ria de Muros. Die Bucht ist von West über Nord bis Ost geschützt – und auch von Süden her kann nicht viel kommen, denn das südliche Ufer des Rias ist ganz nah. Außerdem liegen außen in der Bucht ein paar Viveros, die die meisten Wellen abhalten würden.
Das Besondere an Esteiro ist, dass man – außer bei Niedrigwasser – mit dem Dinghi in die Lagune hineinfahren kann. Dort gibt es zahlreiche Rampen um anzulanden.
Wir erkunden das Dörfchen allerdings zunächst lieber zu Fuß. Allzu viel hat Esteiro nicht zu bieten. In kulinarischer Hinsicht werden wir etwas enttäuscht, und auch einen Supermarkt finden wir nicht. Die Lagune aber hat was.
Dienstag, d. 30.04., Muros – Heute in den Hafen gegangen. Das schöne Ankerleben hat vorerst ein Ende, denn in den nächsten Tagen wird es wieder ordentlich kacheln. Muros scheint sehr attraktiv zu sein, und TinLizzy wird deshalb ein paar Tage hierbleiben. Wir erwarten einen Brief aus Deutschland, mit dem unsere Briefwahlunterlagen für die Europa-Wahl eintreffen sollen. Bis dahin ist dann hoffentlich auch endlich Sommer.
Den werden wir brauchen, um einigermaßen kommod um Spaniens nordwestlichstes Kap zu kommen. Dort, am gefürchteten „Cabo de Finisterre“ (Kap vom Ende der Welt) und der „Costa de los Muertos“ (die Küste der Toten) fand in alten und Wetterberichts-losen Zeiten so manches Schiff und so mancher Seemann sein frühes Ende. Wir werden – Segelsucht hin und her – also nichts riskieren und ganz brav auf Pütscher-Wetter warten.
Der Mai wird irgendwann kommen – und mit ihm die leichten Sommerwinde und die nächsten Erlebnisse an der Ankerkette. Wir haben uns erzählen lassen, dass auch die Rias Altas an Galiciens nördlichem Ende und die Küste Asturiens atemberaubend schön sein sollen!
– *Vorherigen Törnbericht lesen* – Nächsten Törnbericht lesen –
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