Juli 2015, Bucht von Cádiz: Silberhelle Nacht und Windstille. Über meiner Koje – eingerahmt von der Vorschiffsluke – flitzen die Sterne hin und her, hin und her, hin und her …. ??? Ich bin völlig verwirrt!
TinLizzy schaukelt in den Wellen, es steht Schwell. Irgendwo auf dem Atlantik muss es ganz schön blasen. Bei uns nicht, alles gut. Aber wo ist „bei uns“? Wo sind wir nochmal ?
Nach mehr als drei Monaten auf dem Schiff ist mein Speicher … voll. Overflow. Tolle Buchten, tolle Strände, tolle Häfen am laufenden Band. Im Wochentakt ein neues Paradies: das ist eine Zeit lang schön – aber man kann nicht immer Sahneschnitten essen, bitte! Irgendwann ist man satt, oder? :::::::
Freitag, d. 17.7. – Eine Bucht weitergezogen nach Puerto Sherry. War hartes Segeln, denn unerwarteter- und unangekündigterweise erwischt uns unterwegs ein Ostwind der Stärke 6, direkt auf die Nase. Wir hauen zwei Reffs ins Groß, setzen das Kuttersegel und rauschen hoch am Wind Richtung Südost. Sind nur 20 Seemeilein, da macht das sogar richtig Spaß.
In Puerto Sherry angekommen, hat der Wind nachgelassen, aber dunkle Wolken kündigen schon die nächste Sause an. Kaum ist der Anker gefallen, dreht der Wind auf Südwest und bläst uns wieder mit 6 Windstärken um die Ohren. Da wir aber geschützt liegen, stört uns das nicht. Unser Anker hält, das wissen wir, und so schwitzen wir wenigstens nicht.
Später düsen wir mit unserem Dinghi für eine kurze Erkundungstour an Land. Es soll in der Marina in Puerto Sherry einen Segelmacher geben, der uns eine weiteres Sonnensegel nähen soll. Wir finden ihn, aber er macht erst am Montag wieder auf. Neue Scharniere für unsere Heckklappe bekommen wir hier aber nirgends.
Samstag, d. 18.7. – Die Bucht bei Puerto Sherry – Playa de la Puntilla – ist auf sympathische Art und Weise „gewöhnlich“. Die Aussicht ist Mist, man schaut direkt auf zwei Trockendocks, aber der Strand ist klasse. Hier baden keine Touristen, hier badet das Volk. In Scharen sehen wir spanische Familien hierher wandern – Oma, Opa, Vater, Mutter, Kinder – mit kleinen Wägelchen voller Picknick-Zubehör und Sonnenschirmen. Ganze Terrassenausstattungen werden hier an den Strand geschleppt. Was den Deutschen die Sandburg und der Strandkorb, sind den Spaniern Tische, Stühle und Sonnenschirm und eine große, große Picknick-Tasche…
Sonntag, d. 19.7. – Ausflug nach Puerto de Santa Maria. Die Altstadt ist der Hammer. Noch verwinkelter als Rota und authentischer, obwohl ebenso viele Touristen unterwegs sind. Aber irgendwie bin ich nicht mehr aufnahmefähig. Wir gehen essen und zuckeln wieder zurück zum Dinghi. Es weht ordentlich Wind, und wir haben Mühe, mit trockenen Kleidern durch die Brandungswelle zu kommen.
Nachts bleibt es heiss, die Temperatur an Bord sinkt nie unter 28 °C – und ich schlafe schlecht. Obwohl mittlerweile windstill, steht ein unglaublicher Schwell in die Bucht. Irgendwo da draußen muss es immer noch kacheln. Ich wache andauernd auf und weiss nicht mehr, wo ich bin. Rota? Puerto Irgendwas? El Rompi.. (wie hieß das noch)? Irgendwie ist´s jetzt gut. Meine Aufnahmekapazität ist erschöpft!
Montag, d. 20.7. – Nach einer fürchterlichen Nacht vor Anker schippern wir gleich morgens mit dem Dinghi zum Segelmacher. Er soll unser Sonnensegel reparieren und uns noch eine zusätzliche Persenning schneidern. Wir haben Glück. Der gute Mann wird das machen, braucht dafür aber ein paar Tage Zeit…. Wir werden handelseinig, wissen jetzt aber nicht, wohin mit uns und unserem Schiff. In der Bucht bleiben? Bloss nicht. Die Welle soll bleiben, der westliche Wind auch, das wird nicht besser. Wir beschließen, nochmal für ein paar Tage nach Rota zu gehen.
Freitag, d. 24. Juli – Haben heute beim Segelmacher in Puerto Sherry unser neues Sonnensegel abgeholt und sind, anders als geplant, in Cadiz gelandet. Jochen ist nicht allzu glücklich damit – ihn hätte es weiter gezogen nach Sancti Petri, in das nächste Natur-Paradies.
Mir allerdings graute schon vor der Einfahrt. Es wehten unerwarteterweise wieder 4-5 Windstärken in ungünstiger Tiden-Konstellation – wer weiss, ob wir da überhaupt hätten einlaufen können…. Also haben wir abgedreht und sind in Cadiz gelandet.
Jetzt also liegt TinLizzy im Amerika-Hafen. Die Marina ist halbleer, das Wasser klar. Ein- bis zweihundert Meter neben uns fahren die dicken Pötte vorbei. Die Kulisse rundherum erinnert ein wenig an Hamburg. Kräne, Trockendocks und Container überall. Nicht schön, ganz und gar nicht schön, aber irgendwie vertraut! Und ab und zu mal ein bisschen was Hässliches, das tut unseren durch zu viel Schönheit überreizten Sinnen auch mal gut.
Abends gehen wir in die Stadt: Viele enge Gassen – die, anders als in Porto oder Lissabon – tatsächlich noch voll bewohnt sind. Es gibt zahlreiche kleine Parks und Plätze mit altem Baumbestand und riesigen Oleanderbüschen. Hier sitzen die Leute und genießen träge den Schatten. Nachts, wenn es dunkel und kühler wird, erwacht die Stadt zum Leben. Erst ab 21 Uhr gibt es in den Restaurants Abendessen, und dann füllen sich Straßen und Plätze. Schade, dass wir dann müde werden …
Samstag, d. 25. Juli – Wir machen uns gleich morgens wieder auf den Weg in die Stadt. In der Altstadt soll es eine gute Eisenwarenhandlung geben. Dort könnten wir endlich die passenden Scharniere für unsere Heckklappe bekommen! Wir werden tatsächlich fündig und machen uns flugs auf den Heimweg und an die Reparatur der Heckklappe. Nachmittags ist alles fertig.
Sonntag, d. 26. Juli – Der Tag beginnt gemütlich. Wir können uns nicht zum Walken aufraffen, obwohl wir gut geschlafen haben. Stattdessen schwimmen wir eine Runde im Hafenbecken. Das ist zwar nicht erlaubt, aber das Wasser ist sauber, der Hafen ist halbleer – und um diese Uhrzeit sieht das noch keiner.
Danach spannen unser neues Sonnensegel auf. An Bord bleibt es jetzt – dank Doppel-Schatten – wunderbar: kühl !
Es grüßt Euch,
Barbara
– Vorherigen Törnbericht lesen – Nächsten Törnbericht lesen –
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